Markus Meyer – wer will ihn beseitigen?

Eine Schlammschlacht hat die Junge Union gegen Stadtrat Markus Meyer angezettelt. Wer oder was steckt dahinter?

Es gab Zeiten, da schaute man in der Ingolstädter Lokalpolitik voller Schadenfreude oder auch Mitleid auf die SPD-Stadtratsfraktion. Dort zerfleischten sich die Genossen gegenseitig und waren zeitweise kaum in der Lage, einen Fraktionsvorsitzenden zu wählen. Seit der Kommunalwahl im Jahre 2020, in der es den Sozialdemokraten gelang, den christlich-sozialen Oberbürgermeister Christian Lösel abzulösen, herrschen offenbar Friede und Solidarität in der Partei; jedenfalls dringen keine größeren Querelen nach außen.

Wer Freude am innerparteilichen Hauen und Stechen hat, der darf jetzt interessiert auf die Ingolstädter CSU blicken. Bis zum Jahr 2020 verfügte die CSU-Stadtratsfraktion über 22 Mitglieder. Die bildeten zwar keinen monolithischen Block, stimmten aber, wenn es darauf ankam, ziemlich geschlossen ab. Mit der Kommunalwahl im Jahre 2020 sank die Anzahl der CSU-Stadträte auf 13 und es gibt jetzt  – je nach Betrachtungsweise – innerhalb der Fraktion zwei oder drei Gruppen, die sich nicht besonders mögen. Der ehrenwerte Franz Wöhrl als Fraktionsvorsitzender tut sein Bestes, um die  divergierenden Meinungen unter einen Hut zu bringen.

Nun hat die Junge Union mit einem Beschluss des Kreisvorstandes ein neues Schlachtfeld eröffnet: Via Pressemitteilung wurde kommuniziert, dass die “Zusammenarbeit mit dem Stadtrat Dr. Markus Meyer mit sofortiger Wirkung beendet” werde. Dieser Entschluss sei “die Folge einer seit Jahren andauernden Erosion des Verhältnisses zwischen dem mittlerweile aus der JU ausgeschiedenen Stadtrat und der Organisation, die er eigentlich vertreten” solle.

Fast erstaunlich ist, dass der Kreisverband der Jungen Union immerhin bemerkt hat, dass Stadtrat Meyer der Jungen Union gar nicht mehr angehört (weil er die Altersgrenze erreicht hat). Jemanden die Zusammenarbeit aufzukündigen,  mit dem man eigentlich nichts mehr zu tun hat, ist schon ziemlich unsinnig. Auch die Forderung, Stadtrat Meyer hätte die Junge Union eigentlich vertreten sollen, findet im bayerischen Kommunalrecht überhaupt keine rechtliche Anerkennung.  In Bayern werden nicht die Parteien in den Stadtrat gewählt sondern die einzelnen Personen. Eine Verpflichtung, die Interessen der Partei zu vertreten, auf deren Liste man gewählt wurde, widerspricht dem Sinn des bayerischen Kommunalrechts. 

Es mag sein, dass sich die Junge Union eine stärkere Kommunikation mit dem Stadtrat Markus Meyer gewünscht hätte. Vielleicht war dieser Wunsch sogar gerechtfertigt. Selbst wenn man dies unterstellt, bleibt die Frage, wie konnte es zu einer derartigen, das Ansehen von Markus Meyer und der Jungen Union schädigenden Pressemitteilung kommen. Wer Interesse an einer guten Zusammenarbeit hat, geht nicht in die Öffentlichkeit, um den eigentlich gewünschten Gesprächspartner “niederzumachen”. Es stellt sich daher die Frage, ist der Kreisvorstand der Jungen Union mit Dummheit gepudert (zur politischen Potenz der JU: Der aktuellste Beitrag auf der Homepage der JU Ingolstadt  stammt vom Dezember 2023 und trägt den Titel: “Nikolaus kommt ins Haus – Workshop”) oder liegt hier ein Auftragswerk vor mit dem Ziel, Markus Meyer  im Interesse bestimmter Personen öffentlich zu beschädigen.

Wer also könnte davon profitieren, wenn Markus Meyer in der CSU isoliert und beschädigt wird? Der Gerolfinger Meyer  ist nicht nur Stadtrat,  sondern auch Vorsitzender des Ortsverbandes West der Ingolstädter CSU; als solcher dürfte ihm, wenn die CSU an ihrem bisherigen Verfahren bei der Aufstellung von Stadtratslisten festhält, ein relativ sicherer Listenplatz auf der nächsten CSU-Stadtratsliste zustehen. Es könnte also sein, dass hier bereits der Kampf um die Listenplätze für die nächste Stadtratswahl begonnen hat.  Doch alle die, die von Meyers Beschädigung profitieren könnten, haben selbst gute Aussichten auf einen Platz auf der CSU-Stadtratsliste; es ist daher eher unwahrscheinlich, dass dies der Grund für die Attacke war.

Viel wahrscheinlicher ist, dass der Angriff auf Meyer denen dienen könnte, die OB-Kandidat der CSU bei der nächsten Kommunalwahl oder einmal Nachfolger von Alfred Grob im Landtag werden möchten. Markus Meyer ist seit 2014 Mitglied des Stadtrats in Ingolstadt und derzeit hauptamtlich Referent im Bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr. Er wäre daher sowohl als OB-Kandidat als auch als Landtagskandidat fachlich sehr gut qualifiziert. Manche in der CSU sehen  dort auch seine politische Zukunft. Damit steht er jenen im Wege, die ähnliche politische Ambitionen haben: Hier werden im Wesentlichen drei Namen genannt: Stefan Huber, Sebastian Knott und Julia Lebe. 

Julia Lebe, stellvertretende Vorsitzende sowohl im Vorstand der Jungen Union (und damit am Beschluss der JU samt Pressemitteilung beteiligt) als auch im Kreisvorstand der CSU selbst, wurde recht überraschend im Vorfeld der letzten Landtagswahl den Delegierten als Listenkandidatin für den Landtag präsentiert.  Entscheidend unterstützt wurde sie bei dieser Kandidatur vom Kreisvorsitzenden Stefan Huber. Seitdem gehört sie zu seinen engsten politischen Vertrauten. Dass Lebe beim ersten Mal nicht in den Landtag einziehen würde, war abzusehen. Ihre überragende Präsenz in den sozialen Medien lässt den Schluss zu, dass ihr politischer Ehrgeiz bei weitem noch nicht gestillt ist. Manche glauben sogar, sie wäre eine geeignete CSU-OB-Kandidatin, obgleich sie über keinerlei  kommunalpolitische Erfahrung verfügt. Auch das Studium der Literaturwissenschaften befähigt nicht unbedingt zur Führung einer bayerischen Großstadt.

Sebastian Knott gehört dem gleichen Ortsverband an wie Julia Lebe (Südost). .Er wollte bereits einmal vor mehr als zehn Jahren in den Stadtrat, überwarf sich aber mit der damaligen Parteiführung und wurde auch verdächtigt, bei einer internen “Mail-Affäre” der CSU im Hintergrund die Fäden gezogen zu haben. Eine tatsächliche Beteiligung wurde ihm aber nie nachgewiesen. Damals legte Knott alle Ämter nieder, inzwischen wurde er wieder aktiv und ist jetzt Vorsitzender des Ortsverbandes Südost der Ingolstadt CSU.  Der eloquente Rechtsanwalt ist insbesondere in den sozialen Medien sehr aktiv und wird dort von seinem Freund Michael Krüper unterstützt, der die entsprechende Facebook-Gruppe moderiert und dominiert. Knott wird nachgesagt, dass er willens und geeignet sei, für das Amt des Oberbürgermeisters oder später  (bis 2028 ist Alfred Grob mindestens noch MdL) für den Landtag zu kandidieren.

Stefan Huber wurde im November 2021 etwas überraschend mit großer Mehrheit zum Kreisvorsitzenden gewählt. Es wurde spekuliert , dass die politisch Untoten der Partei ihn bis zu ihrer Wiederkehr als Marionette benutzen/missbrauchen könnten. Doch Huber wurde  2023 mit einem glänzenden Ergebnis im Amt bestätigt und hat sich zwischenzeitlich einen loyalen Freundeskreis in der Partei aufgebaut. Er wurde offensichtlich unterschätzt. Ihm werden Ambitionen für das Amt des Oberbürgermeisters oder eines weiteren Bürgermeisters unterstellt. Er hat bisher nie öffentlich dazu Stellung genommen und erklärt, dass er das nicht machen wolle. Als Kreisvorsitzendem steht ihm das “Recht des ersten Zugriffs” bei der Frage der OB-Kandidatur zu. Er kandidierte bis jetzt zweimal erfolglos für den Stadtrat. Seinen guten Listenplatz im Jahre 2020 (Platz 10) soll er damals auch dem Engagement von Markus Meyer verdankt haben. Huber fiel allerdings auf Platz 23 zurück und kam nicht in den Stadtrat. Vom Beschluss der Jungen Union, die Zusammenarbeit mit Meyer zu beenden, will er erst aus den Medien erfahren haben. Andere behaupten, er sei vorab von Julia Lebe, mit der er engsten politischen Kontakt habe, informiert worden. Huber gab zwischenzeitlich als Kreisvorsitzender eine von ihm selbst als “Machtwort” bezeichnete Presseerklärung heraus, in der er aber seltsamerweise ausführt,  dass “dieser Vorgang in keiner Art und Weise mit der CSU zu tun” habe. Warum es mit der CSU nichts zu tun haben soll, wenn mit Meyer der Vorsitzende eines der wichtigsten Ortsverbände der CSU in Ingolstadt derartig in der Öffentlichkeit angegriffen wird, erläutert Huber nicht. Nun hat der Ortsverband West der CSU, dessen Vorsitzender Meyer ist, eine Vorstandssitzung abgehalten und in einer Presseerklärung anschließend mitgeteilt: “Wir treten den verleumderischen Verlautbarungen über Markus Meyer entschieden entgegen und stehen geschlossen und vollumfänglich hinter unserem Vorsitzenden. Wir fordern die Kreisvorstände von CSU und JU auf, sich nicht an persönlichen Kampagnen zu beteiligen, sondern die Sacharbeit aufzunehmen.”  Um eine Stellungnahme werden Stefan Huber und der Kreisvorstand der CSU nunmehr nicht umhinkommen.

Äußerst bedauerlich ist, dass innerhalb der CSU nunmehr auch Veronika Hagn  angegriffen wird. Sie wurde – wie  Markus Meyer – auf der JU-Liste (an deren Zustandekommen sie und Meyer maßgeblich beteiligt waren) in den Stadtrat gewählt und ist gleichfalls aus Altersgründen zwischenzeitlich aus der JU ausgeschieden. Hagn hat sich ihrerseits in einer Presseerklärung mit Markus Meyer solidarisiert.  Die Heckenschützen, die jetzt auf Hagn zielen, beschädigen  eine chancenreiche OB-Kandidatin der CSU.  Veronika Hagn ist zwischenzeitlich Vorsitzende des Ortsverbandes Mitte der CSU. Als erfolgreiche Rechtsanwältin,  Stadträtin,  jung und weiblich wäre sie die ideale OB-Kandidatin einer sich erneuernden CSU. Aber das wollen wohl wiederum die verhindern, die auch auf Markus Meyer im eigenen oder fremden Interesse eingedroschen haben.

Bild: Stadt Ingolstadt