6. 000 gegen Rechts. Ein Erfolg?
Wer auch immer die Rede für Oberbürgermeister Christian Scharpf (SPD) geschrieben hat, die dieser am Samstag auf der Kundgebung gegen Rechts am Paradeplatz gehalten hat: Den letzten Satz hätte man weglassen dürfen. Er sei stolz auf Ingolstadt, meinte der Oberbürgermeister abschließend, weil 6000 Leute zur Veranstaltung gekommen waren. Das mag ja die neue sozialdemokratische Bescheidenheit sein. Wenn man aber bedenkt, dass 50 Organisationen zu dieser Veranstaltung aufgerufen hatten, ist das wahrhaftig kein berauschendes Ergebnis.
Ein Blick über den Ingolstädter Tellerrand beweist, dass die Beteiligung andernorts deutlich größer war. Das mag an den Organisatoren oder an der Einstellung der Ingolstädter Bevölkerung liegen. Ausgangspunkt: Ingolstadt mit mehr als 140.000 Einwohnern brachte etwa 6.000 Menschen auf die Beine. Die gleiche Anzahl von Menschen bzw. sogar 6500 demonstrierten in Hof (45.000 Einwohner), Passau (52.100) oder Schweinfurt (54. 000) zu. In Osnabrück gingen 25.000 Menschen auf die Straßen und das bei einer Einwohnerzahl von 165.000. In Düsseldorf, etwa viermal so groß wie Ingolstadt, waren es mehr als 100.000.
Von einem großartigen Erfolg zu sprechen, verbietet sich daher. Wir kommen nicht umhin festzustellen, dass es in Ingolstadt einen recht breiten Bodensatz von “Rechts-Wählern” gibt. Es wäre schon schön, wenn die, die am Paradeplatz das Wort ergriffen haben, sich auch bequemen würden, regelmäßig in den politischen Problemvierteln der Stadt den Wochenmarkt zu besuchen oder Hausbesuche zu machen, um Kontakt mit den dortigen Wählern aufzunehmen. Aber das strengt natürlich mehr an, als markige Worte am Rednerpult zu schmettern. Grund für Selbstzufriedenheit und Selbstbeweihräucherung besteht jedenfalls nicht. Im Gegenteil: Es wäre viel Überzeugungsarbeit zu leisten. Und wer glaubt, mit einer Ausstellung im Stadtmuseum über Opfer des Nazi-Regimes könne er Wähler aus den Klauen der AfD befreien, der möge mal einen Grundkurs über Werbewirksamkeit besuchen.