Wechsel-Stimmung

Nach dem Wahlsieg von Christian Scharpf – wer muss da wem dankbar sein?

Die Gespräche des designierten Oberbürgermeisters mit den anderen Parteien hatten noch nicht begonnen, da meldete Petra Kleine (Grüne) schon Ansprüche auf das Amt einer Bürgermeisterin an. Christian Lange  (BGI) spricht davon, Referent werden zu wollen und Rupert Ebner (Grüne) – immerhin schon seit sechs Jahren Umweltreferent – möchte sein Amt behalten.

Sieht man von Rupert Ebner ab, der sechs Jahre lang gute Arbeit geleistet hat und nach dessen Amtsführung kein Grund ersichtlich ist, ihn abzulösen, kann man bei den anderen durchaus ein gewisses Anspruchsdenken erkennen. Wird hier Dankbarkeit für Unterstützung im Wahlkampf gegenüber Christian Scharpf eingefordert?

Wer muss hier – sofern der Begriff überhaupt angemessen ist – eigentlich wem dankbar sein? Grüne, BGI und ÖDP bildeten zusammen mit den Sozialdemokraten die „Opposition“ im Ingolstädter Stadtrat. Sie strebten schon  einen Wechsel an der Stadtspitze und veränderte Machtverhältnisse im Stadtrat an, da ahnte noch niemand in Ingolstadt, dass Christian Scharpf antreten würde. Mit Scharpf hat es den Wechsel gegeben. Ob das ohne einen qualifizierten und sympathischen sowie von bisherigen Streitereien unbelasteten Kandidaten wie Scharpf möglich gewesen wäre, darf stark bezweifelt werden. Scharpf hat sich zu einem Zeitpunkt, als kaum einer darauf wetten wollte, dass Christian Lösel wirklich sein Amt als Oberbürgermeister verlieren könnte, bereit erklärt anzutreten.

So stellt sich die Frage, ob nicht die, die als Oppositionsparteien schon immer den Wechsel wollten, Scharpf dankbar sein müssen und nicht umgekehrt.

Hinzu kommt, dass der künftige Oberbürgermeister im Wahlkampf stets erklärt hat, mit den anderen Parteien nur ein Wahlkampfbündnis zu schließen. Er hat immer klargestellt, dass er nach seiner Wahl keine Koalition, wie es die in den letzten sechs Jahren zwischen CSU und Freien Wählern gab, schmieden wolle. Scharpf hat stets betont, dass es ihm um punktuelle Zusammenarbeit in Sachfragen mit den verschiedenen politischen Gruppierungen geht. Also Kooperation und keine Koalition. Mit dem Wahlbündnis lässt sich das Anspruchsdenken einiger nicht begründen.

Überaus befremdlich sind Töne, die laut wurden, als Scharpf erklärte, die von ihm zu vergebenden Ämter des zweiten und dritten Bürgermeisters stünden in erster Linie den vier großen Parteien zu. Da wurde hinter vorgehaltener Hand schon gemeutert, wie Scharpf darauf komme, der CSU einen Bürgermeisterposten anzubieten. Wer nun jahrelang seitens der Opposition kritisiert hat, dass CSU und Freie Wähler mit ihren Koalitionsrunden andere ausgeschlossen hätten und gefordert hat, dass alle Parteien und Gruppierungen in die Entscheidungsfindung einzubinden sein, der kann doch nicht ernsthaft dagegen sein, wenn bei der Gestaltung der künftigen Zusammenarbeit im Stadtrat der größten Fraktion, also der CSU, das Amt eines Bürgermeisters angeboten wird. Wer sich dem widersetzt, macht sich im höchsten Maße unglaubwürdig, wenn er vorher das Zusammenspiel von CSU und Freien Wählern unter Ausschluss anderer Gruppierungen kritisiert hat.

Fazit: Erst einmal über drängende Sachfragen, bei denen eine Zusammenarbeit möglich und erforderlich ist nachdenken und verhandeln und  dann Ansprüche auf Posten anmelden!