Abrechnung unter Freunden?

Ingolstädter Stadtrat: Wurden Hans Stachel (Freie Wähler) und Markus Meyer (JU/CSU) in geheimer Abstimmung abgestraft? Kommentar von Hermann Käbisch

Einen Parteifreund öffentlich anzugreifen, ihm die “gelbe Karte” zu zeigen, das ist schwierig und kann dem Kritiker selbst schaden. Bei einer geheimen Wahl ist es aber ungefährlich. Eine gute Gelegenheit, die “gelbe Karte” zu zeigen, ergab sich kürzlich im Ingolstädter Stadtrat. Es ging eigentlich um nichts. In geheimer Abstimmung sollte der Stadtrat aus seinen Reihen vier Mitglieder wählen. Diese sollen als Vertrauensleute in den Ausschuss, der beim Amtsgericht Ingolstadt die Unterlagen der Bewerber für das Ehrenamt des Schöffen prüft, entsandt werden. Hier findet keine politische Überprüfung der Bewerber statt, sondern es geht nur um Formalien. Irgendwelche politischen Bekenntnisse sind daher mit dieser Funktion nicht verbunden.

Für die Wahl der Vertrauensleute sieht das Gesetz eine Zwei-Drittel-Mehrheit vor. Dies bedeutete in der letzten Stadtratssitzung, dass 32 Stimmen erreicht werden mussten, weil 48 Stadträte (einschließlich Oberbürgermeister) anwesend und stimmberechtigt waren.

Brigitte Mader (CSU) Petra Volkwein (SPD) und Maria Segerer (Grüne) wurden ohne Probleme gewählt. Dies war nicht verwunderlich, gehören sie doch den drei größten Fraktionen an. Doch eigentlich geht es hier nicht um Parteipolitik. Daher war anzunehmen, dass der Kandidat, den die Freien Wähler, ebenfalls keine unbedeutende Fraktion im Stadtrat, nominieren würden, gewählt würde. Doch deren Fraktionsvorsitzender Hans Stachel scheiterte mit 29 Stimmen. Klaus Böttcher, ebenfalls Freier Wähler, wurde schließlich mit 39 Stimmen als vierte Vertrauenspersonen gewählt.

Vor Böttchers Wahl traten noch an und scheiterten: Karl Ettinger (FDP) mit 31 Stimmen, sein Fraktionskollege Jakob Schäuble mit 30 Stimmen und Markus Meyer (Junge Union/CSU) mit 31 Stimmen.

Erstaunlich ist hierbei, dass Markus Meyer, der kürzlich mit überwältigender Mehrheit zum Vorsitzenden des Ortsverbandes West der CSU gewählt wurde, nicht deutlich mehr Stimmen erhielt als seine Kollegen von der FDP. Zwar war Meyer im Kommunalwahlkampf in Konkurrenz zur CSU-Liste mit einer JU-Liste angetreten. Doch der zeitweise schwelende Konflikt zwischen CSU und Junger Union, die letztlich dem gleichen politischen Lager angehören, schien doch überwunden, nachdem Meyer nun innerhalb der CSU das Amt des Ortsverbandsvorsitzenden übernommen hat. Junge Union und die CSU-Fraktion verfügen im Stadtrat immerhin schon über 15 Mandate, während die FDP nur zwei Vertreter im Stadtrat hat. Insoweit ist das Abschneiden von Markus Meyer etwas überraschend.

Das größte Rätselraten gab es aber darüber, warum Klaus Böttcher mit 39 Stimmen gewählt wurde und sein Fraktionsvorsitzender durchgefallen war. Sicher lag es zum einen daran, dass alle Stadträte beim fünften Wahlgang endlich einen Schlussstrich ziehen wollten. Aber vielleicht sollte Hans Stachel in der Fraktion einmal die Vertrauensfrage stellen und sich in geheimer Abstimmung bestätigen lassen, dass er der unumstrittene Fraktionsvorsitzende ist. Sein Auftritt im Stadtrat, als es um die Abstimmung über einen verkaufsoffenen Sonntag/Feiertag ging, war jedenfalls merkwürdig. In einer salbungsvollen Rede plädierte er gegen Öffnungszeiten, um dann über die Medien zu erklären, das sei nur seine Privatmeinung und nicht die der Freien Wähler gewesen. Da könnte schon einer in der Fraktion auf die Idee gekommen sein……