Sankt Monika – Einberufungsbescheid

Interessengemeinschaft fordert Bürgerversammlung wegen Lebensqualität im Monikaviertel.

In einem Schreiben vom 5. Januar 2024, adressiert an die drei Bürgermeister der Stadt Ingolstadt und die Fraktionsvorsitzenden und Stadträte, fordert eine “Interessengemeinschaft Lebensqualität St. Monika” die Abhaltung einer Bürgerversammlung. Die “Einberufung einer städtisch organisierten Bürgerversammlung” wird mit einer Wortwahl gefordert, wie sie Lehrer bei ungehorsamen Schülern gelegentlich für erforderlich halten. Auch wenn sie mit dem Selbstverständnis der Verfasser des Schreibens möglicherweise schwer in Einklang zu bringen sind, drängen sich einige Anmerkungen auf. 

 

1.

“IG Lebensqualität St. Monika “ – so nennt sich die durch was auch immer legitimierte (Eigentum oder Mietverträge) oder nicht legitimierte Interessengemeinschaft. Sympathisch ist, dass man sich nicht hinter irgendwelchen edlen Motiven versteckt, sondern klar zu erkennen gibt, dass es um die eigene Lebensqualität geht. Also um die Lebensqualität derer, die im Monikaviertel wohnen und nicht um die Lebensumstände derer, die eine Wohnung suchen und dort gerne wohnen würden. Deren Interessen spielen offensichtlich keine Rolle. Die Gruppe ist wohl der Auffassung, dass die eigene Lebensqualität beeinträchtigt würde, wenn die Kirchengebäude abgerissen und stattdessen dort mehrstöckige Gebäude unter anderem für den sozialen Wohnungsbau errichtet würden.

 

2.

Adressaten: Das genannte Schreiben wurde nicht etwa ausschließlich an den Oberbürgermeister, der zur Einberufung einer Bürgerversammlung zuständig wäre, gerichtet, sondern an alle Bürgermeister und Stadträte. Außerdem wurde es offensichtlich an zahlreiche Medien geschickt. Es ging also nicht nur um Kommunikation wegen  der Einberufung einer Bürgerversammlung, sondern um öffentlichkeitswirksame Darstellung des eigenen Handelns.

 

  1. ,  3a. und 4.

Die Adressaten “fordern” die Einberufung einer Bürgerversammlung und “erwarten” die Anwesenheit aller drei Bürgermeister.

Bürger können die Einberufung einer Bürgerversammlung unter den Voraussetzungen des Artikel 18 der Bayerischen Gemeindeordnung (GO) fordern. Das Monikaviertel gehört zum Stadtbezirk Südost, der etwas mehr als 18.000 Einwohner hat. Wenn 2,5% der Gemeindebürgerinnen und Bürger schriftlich unter Angabe der Tagesordnung eine Bürgerversammlung fordern, ist eine solche einzuberufen. Es müssten also ca. 450 Unterschriften und ein konkreter Tagesordnungspunkt eingereicht werden. Beides fehlt bei den Antragstellern bisher. Das Schreiben trägt weniger als 20 Unterschriften, wobei zum Teil offensichtlich mehrere Mitglieder einer Familie unterzeichnet haben.

Zu erwarten, dass bei einer Bürgerversammlung alle drei Bürgermeister anwesend sind, ist nahezu dreist. Sofern der Oberbürgermeister anwesend ist und die Bürgerversammlung leitet, haben weitere Bürgermeister (und Stadträte) nämlich nicht mal ein Rederecht. Nur die Bürger sollen bei Bürgerversammlungen das Wort haben. Politiker, also auch Stadträte, dürfen nur ausnahmsweise zu Wort kommen. Die Anwesenheit aller drei Bürgermeister zu fordern ist nicht nur überherheblich, sondern zeugt auch von Unkenntnis.

 

5.

Die Verfasser des Schreibens wundern sich, dass “dieses Gespräch mit den Bürgern” nicht bereits von Seiten der Stadtspitze angeboten wurde.

Jeder Bürger kann sich um einen Termin bei der Stadtspitze auch selbst bemühen. Das Anliegen der Absender des Schreibens ist allerdings komplex und nicht mit Gesprächen mit der Stadtspitze allein zu klären. Es müssten Kirchenvertreter, die Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft (GWG) und die politische Spitze der Stadt beteiligt werden. Geplant ist: Die Kirche vergibt an die GWG ein Erbbaurecht an den Grundstücken, auf denen jetzt die krichtlichen Gebäude stehen. Die GWG errichtet dort hauptsächlich Wohnungen (Sozialer Wohnungsbau).  Das will die IG anscheinend nicht. Würde der Plan von Kirche und GWG scheitern und das Erbbaurecht an andere vergeben, so hätte ein privater Bauträger dort im Rahmen des geltenden Baurechts einen Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung, dem sich die Stadt nicht widersetzen könnte. Sollen die derzeitigen Pläne und Verträge modifiziert werden, kann das weder die Stadtspitze allein erreichen, schon gar nicht eine Bürgerversammlung bewirken.

 

6.

Bei der Terminierung der Bürgerversammlung erheben die Absender mahnend den Zeigefinger. Sie sind offensichtlich der Meinung, dass die Stadtverwaltung nicht der Lage ist, einen geeigneten Zeitpunkt für eine Bürgerversammlung selbst zu bestimmen. Man meint, hier gute Ratschläge mit auf den Weg geben zu müssen. Dieses oberlehrerhafte Verhalten lässt Rückschlüsse auf das Selbstverständnis der Absender zu. Die Gespräche mir derart selbstbewussten Vertretern eigener Interessen dürften schwierig werden.