Wissen: Fehler bei Abfindungen vermeiden

Audi und andere Unternehmen bieten Mitarbeitern zur Zeit Aufhebungsverträge an. Was dabei zu beachten ist, das erläutert Rechtsanwältin Maria Rudolf (Ingolstadt).

Rechtsanwältin Maria Rudolf

In Zeiten, in denen wirtschaftliches Wachstum sich abschwächt, greifen Unternehmen gerne zu sozial verträglichen Werkzeugen des Personalabbaus. Zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen und dem damit verbundenen Risiko von Kündigungsschutzklagen werden Aufhebungsverträge angeboten. Ein Aufhebungsvertrag ist eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, mit der die Beendigung des Arbeitsverhältnisses geregelt wird. Der Betriebsrat (falls im Unternehmen ein Betriebsrat existiert) hat kein Mitbestimmungsrecht und auch kein Informationsrecht, es sei denn, im Zuge eines geplanten größeren Personalabbaus wurde mit dem Betriebsrat ein Sozialplan abgeschlossen, der den Abschluss von Aufhebungsverträgen vorsieht und in diesem Fall auch die Höhe der Abfindung festlegt.

 

Ein Aufhebungsvertrag, der eine aus Sicht des Arbeitnehmers hohe, 5-oder 6-stellige Abfindung für den Verlust eines Arbeitsplatzes gewährleistet, hat auf den ersten Blick einen gewissen Charme. Aus Arbeitnehmersicht ist aber zu bedenken:

 

  • Die Abfindung muss versteuert werden. Es gilt zwar eine gegenüber dem regulären Steuersatz günstigere Besteuerung für Einmalzahlungen, das bedeutet aber nicht, dass der Steuerabzug nicht deutlich spürbar wäre. Bei der so genannten Fünftelungsregelung wird zusätzlich zum regulär zu versteuernden Einkommen des Arbeitnehmers in dem Jahr, in dem die Abfindung bezahlt wird, aus 1/5 der Abfindung der Steuerbetrag mit dem regulären Steuersatz des Arbeitnehmers ermittelt, dieser Betrag wird mit 5 multipliziert und zu der regulären Einkommensteuer addiert. Die Steuervergünstigung verhindert damit nur, dass der Arbeitnehmer aufgrund der Progression im Jahr der Auszahlung der Abfindung eine wesentlich höhere Steuer bezahlt, als in den anderen Jahren.

 

  • Der Abschluss eines Aufhebungsvertrages führt regelmäßig zu Nachteilen beim Bezug von Arbeitslosengeld, weil der Arbeitnehmer freiwillig an der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses mitgewirkt hat. Sperrfristen sind fast unvermeidbar, wenn Kündigungsfristen verkürzt werden, also beispielsweise bei einer vertraglichen Kündigungsfrist von 6 Monaten der Aufhebungsvertrag eine Beendigung bereits in 3 Monaten vorsieht.

 

  • Bei Einhaltung der gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsfrist durch den Aufhebungsvertrag ist zur Vermeidung von Nachteilen beim Bezug von Arbeitslosengeld zu beachten, dass der Aufhebungsvertrag abgeschlossen werden muss, um eine sonst unvermeidbare betriebsbedingte Kündigung des Arbeitgebers zu verhindern. Dieser Umstand ist auch im Aufhebungsvertrag deutlich zu machen. Risikoloser in diesem Zusammenhang ist der Ausspruch einer ordentlichen Kündigung durch den Arbeitgeber unter Einhaltung der vertraglichen/gesetzlichen Kündigungsfristen und der Abschluss eines so genannten Abwicklungsvertrages, mit dem geregelt wird, in welcher Höhe eine Abfindung bezahlt wird, dass der Arbeitnehmer auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verzichtet, ob eine Freistellung erfolgt, wie mit Resturlaub/Überstundenguthaben/Minusstunden verfahren wird usw.

 

  • Abfindungen sind grundsätzlich nicht sozialversicherungspflichtig. Eine Ausnahme gilt für freiwillig gesetzlich versicherte Arbeitnehmer. Die gesetzlichen Krankenversicherungen unterwerfen einen so genannten Arbeitsentgeltanteil der Abfindung, der aus Tabellen bestimmt wird, der Beitragspflicht. Bei einem 50-jährigen Arbeitnehmer, der 20 Jahre oder mehr in dem Betrieb beschäftigt war, beträgt dieser Arbeitsentgeltanteil der Abfindung 25 %. Angerechnet wird maximal so lange, bis der Arbeitsentgeltanteil aufgebraucht ist, bzw. bis zum Ablauf der  normalerweise vom Arbeitgeber einzuhaltenden Kündigungsfrist, bzw. maximal ein Jahr. Es gilt jeweils die für den Arbeitnehmer günstigste Berechnungsvariante

 

Bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages/einer Abwicklungsvereinbarung sollten sinnvollerweise alle Themen rund um das Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung endgültig geregelt werden. Neben dem Beendigungsdatum und der Höhe der Abfindung sind das Themen wie

  • Urlaub
  • Überstunden
  • Dienstfahrzeug und Rückgabe des Dienstfahrzeuges
  • Rückgabe von sonstigem Betriebseigentum (Laptop, Handy)
  • Arbeitszeugnis
  • betriebliche Altersversorgung
  • ein eventuelles nachvertragliches Wettbewerbsverbot gegen Zahlung einer Karenzentschädigung

 

Möglich ist auch die Aufnahme einer Regelung in den Aufhebungsvertrag, nach der der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis mit einer kurzen Ankündigungsfrist vorzeitig beenden kann (weil er ein neues Arbeitsverhältnis gefunden hat) und das Bruttoentgelt von dieser vorzeitigen Beendigung bis zum vereinbarten Beendigungszeitpunkt in eine Abfindung umgewandelt wird, solche Regelungen werden auch als Sprinterklausel bezeichnet.

 

Für Arbeitnehmer, die die Sprinterklausel in Anspruch nehmen, weil sie ein neues Arbeitsverhältnis gefunden haben, kommt der Bezug von Leistungen der Bundesagentur für Arbeit nicht in Betracht, für alle anderen gilt: Arbeitnehmer müssen sich unmittelbar nach Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrages bei der Bundesagentur für Arbeit melden, auch wenn das Beendigungsdatum Monate nach dem Unterzeichnungsdatum liegt. Eine verspätete Meldung bei der Bundesagentur kann zu Nachteilen beim Bezug von Leistungen führen. Wenn der Anspruch auf Arbeitslosengeld wegen Bezahlung einer Abfindung und/oder Verhängung einer Sperrzeit ruht, ist der Arbeitnehmer nicht über die Bundesagentur für Arbeit pflichtversichert. Während einer Ruhenszeit müssen die Sozialversicherungsbeiträge, insbesondere die Krankenversicherungsbeiträge vom Arbeitnehmer selbst bezahlt werden.