Der scheidende Oberbürgermeister

Gastkommentar von Thomas Thöne (www.o-thoene.de)

Betrachtet man die Vita von Dr. Christian Lösel, ist neidlos anzuerkennen, dass diese von vielen Leistungen geprägt ist. Vom Studium, der Promotion, über den Abschluss des Steuerberater-Examens, hin zum Referenten des damaligen Oberbürgermeisters Dr. Alfred Lehmann und der Übernahme zahlreiche Ehrenämter. Diese gezielte Karriereplanung trug 2014 mit zur Wahl zum Oberbürgermeister mit 52,62% bei. Kurz vor Lösels Amtsübernahme im Mai keimte die Hoffnung im Stadtrat auf, dass mehr Zusammenarbeit möglich ist. Diese Sehnsucht war schon im August begraben. „Der OB betreibt Politik nach Gutsherrenart“, lautete die 100-Tage-Bilanz aus der „Stadtratsopposition“. Dieser Vorwurf hielt an bis zur Kommunalwahl in diesem Jahr. Mit dafür ursächlich dürfte der Einfluss des „Oberst-Bürgermeisters“, Albert Wittmann, auf Lösel gewesen sein. Dieser galt als dessen engster Berater, Vertrauter und als „heimlicher Oberbürgermeister“. Wittmann, ist ein ehemaliger Bundeswehroffizier, der von sich und seinem Handeln stets überzeugt war, Widersprüche kaum duldete, wie aus Verwaltung, Beteiligungsunternehmen und Stadtrat immer wieder beklagt wurde. Bürgermeister Wittmann pflege mit Genuss einen sehr autoritären Führungsstil, der einen nicht unerheblichen Anteil an dem Machtverlust der CSU haben dürfte.

Zu Lösels Amtszeit gehört, dass er ein fleißiger Oberbürgermeister war, der weder sich selbst noch andere geschont hat. Er war stetig ein Getriebener seiner selbst. Bis tief in die Nacht arbeitete er an neuen Projekten und Ideen, dies zulasten seines eigenen Familienlebens. Er war ungeduldig und ungestüm, sodass er die Verwaltung oftmals über die Grenzen der Belastbarkeit hinweg forderte. Auf der Strecke geblieben ist bei seinem Arbeitstempo der Stadtrat, der von Lösel nie wirklich mitgenommen wurde, sondern für ihn ein notwendiges Übel war. Dabei waren Lösels Ansätze, Ingolstadt aus der Monostruktur herauszuführen, richtig und wichtig für die Zukunft der Stadt. Lösel hätte sich und anderen einfach mehr Zeit geben müssen, dazu hätte auch das Mitnehmen und Einbinden der politischen Akteure gehört. Wie seine angestoßenen Projekte wirken und was diese Ingolstadt bringen, wird erst in Zukunft zu beurteilen sein. Für seinen persönlichen Einsatz für diese Stadt gilt Lösel durchaus Dank. Häme und Schadenfreude angesichts der verlorenen Stichwahl sind nicht angebracht. So eine demokratische Wahlniederlage steckt niemand so einfach weg. Dem Menschen Christan Lösel kann man nur wünschen, dass die Lebensweisheit, „Wenn eine Tür zu geht, geht eine andere auf“, auch für ihn zutrifft.