Die Wiederwahl (update)

Christian Lösel kämpft um seine Wiederwahl als Oberbürgermeister. Er sollte sich von Alfred Lehmann distanzieren. Kommentar; Presseerklärung der CSU am Ende

Christian Lösel war in den letzten sechs Jahren extrem fleißig sowie kreativ und hat für Ingolstadt als Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort viel erreicht. So gesehen sollte seine Wiederwahl als Oberbürgermeister ungefährdet sein. Ist sie aber nicht. Wie die Forsa-Umfrage des DONAUKURIER gezeigt hat, liegt er bei 33 Prozent und damit sogar drei Prozent hinter seiner Partei, also der CSU. Ein Grund für das miserable Abschneiden dürfte sein, dass Lösel mit für die schlechte Stimmung im Stadtrat, das Aufeinander-Einhauen und persönliche Feindseligkeiten verantwortlich gemacht wird. Es soll nicht behauptet werden, er habe das alles verursacht. Nein. Aber er hat zu wenig getan, um es zu verhindern. Statt als Oberbürgermeister über den Parteien zu stehen und zu moderieren, hat er lieber zusammen mit Bürgermeister Albert Wittmann und FW-Fraktionschef Peter Springl die Muskeln spielen lassen, Machtspielchen betrieben, mit Gewalt die Mehrheit durchgesetzt. Zuletzt haben sie dies noch im Sozialausschuss kurz vor Weihnachten demonstriert, als Bürgermeister Mißlbeck der Vorsitz entzogen und auf Albert Wittmann übertragen wurde, damit keine Mehrheit gegen die CSU/FW zustande kommen konnte. Inzwischen rudert die CSU zurück.

Nun ereilt den amtierenden Oberbürgermeister ein weiteres Problem: Wie hält er es mit Alfred Lehmann? Lösels Amtsvorgänger wurde wegen Korruptionsdelikten im Immobilienbereich zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Ohne strafrechtliche Relevanz, aber politisch tödlich war sein Geschäftsgebaren als einfacher Stadtrat ab 2014. Hier kassierte Lehmann allein schon von einem Makler und einer weiteren Immobilienfirma mehr als 60.000 Euro. Diese Firmen wiederum erhielten Honorare von der Stadt im Rahmen von Grundstücksgeschäften im hohen fünfstelligen und unteren sechsstelligen Bereich. Von weiteren Geldzuflüssen von Unternehmen im mittleren fünfstelligen Bereich ganz zu schweigen. So wie es aussieht, hat Lehmann seinem Nachfolger hiervon nichts gesagt. Das ist – zumal unter Parteifreunden – ein grober Vertrauensbruch. Und wie reagiert Lösel? Er dementiert lediglich, dass er von den Zahlungen an Lehmann gewusst habe. Wenn sich der amtierende Oberbürgermeister nicht von solchen Geschäftspraktiken eines (früheren) Oberbürgermeisters und Stadtrats seiner Fraktion (!) distanziert und sie verurteilt, dann hat er ein Problem – mit seiner Wiederwahl.

Dazu liegt eine Presserklärung der CSU vom 26.01.2020 (17.08 Uhr) vor:

Gemeinsame Erklärung von CSU-Kreisverband, Stadtratsfraktion und Oberbürgermeister 

Alfred Lehmann hat sich als Oberbürgermeister und langjähriger Vorsitzender der Lebenshilfe erhebliche Verdienste für die Stadt Ingolstadt, deren Entwicklung und die Menschen in dieser Stadt erworben. 

Umso mehr sind wir persönlich betroffen und enttäuscht über die bekanntgewordenen Sachverhalte zum persönlichen Geschäftsgebaren von Alfred Lehmann. Dieses entspricht nicht unseren Vorstellungen von korrektem und moralisch richtigem Handeln. 

Nachdem nun immer wieder in unzulässiger Weise versucht wird, eine Verbindung zwischen den privaten Geschäftsbeziehungen von Alfred Lehmann und dem amtierenden Oberbürgermeister herzu- stellen, betont Christian Lösel ausdrücklich: „Mir war völlig unbekannt, dass es Verträge zwischen Herrn Dr. Lehmann und Maklern oder Immobilienfirmen im Zusammenhang mit städtischen Grundstücksgeschäften gab. Ich habe davon erst im Rahmen der Ermittlungen erfahren.“ 

Wir alle sind auch deshalb menschlich so enttäuscht, da wir erwartet hätten, dass Alfred Lehmann spätestens zu Beginn der Aufarbeitung uns persönlich und umfassend über alle Sachverhalte informiert und die Karten offen auf den Tisch legt. Dies ist -trotz gezielter Nachfrage- nicht geschehen und dies betrachten wir als Vertrauensbruch. 

Ingolstadt, 26. Januar 2020 

Christian Lösel               Alfred Grob          Patricia Klein

Oberbürgermeister Vorsitzender Kreisverband Vorsitzende Stadtratsfraktion