Gesund und frei

Aufregung über ein Pressebild und  Abwägung zwischen Freiheitsrechten und Gesundheitsgefährdung

Wer nicht gerade zur Gruppe der Verschwörungstheoretiker gehört, die meinen, das Corona-Virus werde künstlich verbreitet, damit Bill Gates, der viel Geld in Unternehmen investiert hat, die sich mit Epidemien und Impfstoffen befassen, noch reicher wird, dürfte mit der politischen Führung in Bayern und im Bund übereinstimmen, dass das Corona-Virus eine ernsthafte Gefahr für die Gesundheit der Gesamtbevölkerung darstellt. Schlimmstes konnte durch einschneidende Beschränkungen der Freiheitsrechte der Bürger verhindert werden. Ob wirklich alle Freiheitsbeschränkungen erforderlich oder sinnvoll waren, wird man erst im Nachhinein beurteilen können. Erst wenn die Wissenschaft mehr über das Virus, seine Übertragungswege und Gefährlichkeit herausgefunden hat, wird eine abschließende Beurteilung möglich sein, welche Beschränkungen wirklich nötig waren oder sind, um eine Epidemie zu verhindern oder einzudämmen. Je mehr die Wissenschaft über das Virus und seine Verbreitung herausfindet, desto genauer muss geprüft werden, welche Einschränkungen der bürgerlichen Freiheitsrechte noch erforderlich sind. Versammlungsfreiheit, Religionsfreiheit und andere Grundrechte dürfen nur so lange eingeschränkt werden, als dies zur Abwehr von schwerwiegenden Gefahren für die Bevölkerung zwingend erforderlich ist. Auch in Zeiten einer Epidemie gilt das Grundgesetz mit seinen Grundrechten und die Bundesrepublik darf nicht zu einem Obrigkeitsstaat werden. Dies zu befürchten besteht aber derzeit kein Anlass.

Nicht eingeschränkt wurde bisher das Recht, sich öffentlich über alles zu empören. Und so wundert es nicht, dass Leserbriefschreiber und Kommentatoren über den amtierenden Oberbürgermeister Christian Scharpf, die zweite Bürgermeisterin Dorothea Deneke-Stoll und andere herfallen, weil diese bei einem Bier-Anstrich (der mit Masken erfolgte) sich zu einem Pressebild ohne Masken und ohne Abstand von 1,5 Metern versammelt hatten. Die Beteiligten seien bekannt, nun müsse man Bußgeldverfahren einleiten – das war eine der Forderungen, die wütende Bürger erhoben haben. Dazu: Eine Verpflichtung, bei dieser Veranstaltung, insbesondere beim Presse-Bild, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, existiert nicht. Der Mindestabstand von 1,5 m, der möglichst einzuhalten ist, wurde nicht beachtet. Aber: Dieser Verstoß gegen § 1 Abs. 1 Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung ist nach bayerischem Recht keine Ordnungswidrigkeit! Das Verhalten der Ingolstädter Spitzenpolitiker war daher vielleicht nicht vorbildlich, aber jedenfalls nicht ordnungswidrig.