Kommunalpolitischen Kindergarten beenden

Die Ingolstädter Parteien und ihre Stadträte müssen Vorschläge unterbreiten statt Posten zu fordern.

Man darf die E-Mail, die der gewählte Oberbürgermeister Christian Scharpf am Sonntagnachmittag verfasst und verschickt hat, durchaus als ein Machtwort bezeichnen. Es schwingt auch eine gehörige Portion Wut darin mit, was vielleicht damit zu erklären ist, dass sich das künftige Stadtoberhaupt nicht damit anfreunden kann, von allen Seiten mit (nicht erfüllbaren) Wünschen und Forderungen bombardiert zu werden. Jedenfalls lassen das Zitat vom „Flohzirkus“ und folgende Passage schon aufhorchen:

“Angesichts der Kakophonie an völlig diametralen Vorschlägen kommt eine Woche nach der Stichwahl wenig „Freude“ auf, aber ich nehme die Herausforderung an.“

Es ist aber auch peinlich, wie sich die Parteien/Gruppierungen und deren Vertreter gerieren. Bei der CSU, die teilweise mit internen Machtkämpfen beschäftigt ist, hat man offensichtlich noch nicht begriffen, dass die Zeiten des “Durchregierens“ vorbei sind und ein Bürgermeisterposten vielleicht ein frommer Wunsch aber keine einklagbare Forderung ist.

Und bei den Vertretern der ehemaligen „Opposition“ glaubt man anscheinend, jetzt den Spieß umdrehen zu können und sich an der CSU für vergangene Schmach revanchieren zu müssen. Dass Scharpf ein Oberbürgermeister für alle sein will und gerade Gräben zwischen den Parteien zuschütten will, das haben einige Gipsköpfe hier noch nicht begriffen. Und wer von den bisherigen “Opposition-Politikern“ meint, Scharpf sei zur Dankbarkeit verpflichtet, möge sich vor Augen halten: Wer außer Scharpf hätte nur den Hauch einer Chance gehabt, als Oberbürgermeister von Ingolstadt gewählt zu werden? Keiner. Petra Kleine nicht, Christian Lange nicht Achim Werner nicht und die anderen sowieso nicht.

Und das von Scharpf geschmiedete Wahlbündnis war eben ein Wahlbündnis und keine Koalition. Das hat er immer deutlich ausgesprochen.

Wer von Scharpf Dankbarkeit in Form von Posten fordert, sollte auch bedenken: Der künftige Oberbürgermeister und seine Partei verfügen zusammen über zehn Sitze in einem Stadtrat mit 50 Mitgliedern (zuzüglich Oberbürgermeister). Wie soll er denn derartige Ansprüche befriedigen? Garantieren kann er da gar nichts.

Die Bürger haben Scharpf zum Oberbürgermeister gewählt und damit einen Machtwechsel herbeigeführt. Die Wähler haben nicht über zweite und dritte Bürgermeister abgestimmt. Darüber entscheidet auch nicht Scharpf sondern der Stadtrat. Dies gilt auch für die Referenten. Wenn also eine Partei meint, sie müsse einen Bürgermeister oder Referenten stellen, dann muss sie dafür Vorschläge dem Stadtrat unterbreiten und dort für Mehrheiten werben. Das sollte selbstverständlich sein. Der Oberbürgermeister ist nicht das Kindermädchen eines kommunalpolitischen Kindergartens, in dem einige Stadträte hinsichtlich der Entwicklung der Machtverhältnisse “politisch zurückgeblieben“ sind.