Kulinarisch: Ist teures Brot gleich gutes Brot?

Brotsommelier Thomas Hackner zu „Hipster-Bäckereien“, die 500 Gramm Brot für 5 Euro verkaufen. Von Vanessa Rohner

Die Arbeitswelt ist aktuell stark im Wandel. Immer wieder hört man von Aussteigern, die ihren langweiligen Bürojob an den Nagel hängen und ihr eigener Chef sein wollen. Die Umsetzung variiert. Der eine koordiniert und begleitet fortan Projekte, der andere nimmt sich fest vor, einen Bestseller zu schreiben und wieder andere backen und verkaufen Brot. Ja, richtig gehört, Brot. 

„Die Welt“ zum Beispiel berichtet von einem 62-jährigen Aussteiger, der früher Werbefilme für Mercedes, BMW und Chrysler produzierte und nun in einem vier Quadratmeter großen Ladenlokal im Hamburger Stadtteil Hoheluft Sauerteigbrot aus dem Holzofen verkauft – 500 Gramm kosten fünf Euro. Und die Leute stehen Schlange. (https://www.welt.de/wirtschaft/plus204329976/Hipster-Baeckereien-Die-Rueckkehr-des-taeglichen-Brots-als-Luxus-Produkt.html).

Wie sieht es in Ingolstadt aus? Geht auch hier der Trend zu teurerem Brot? Könnten sich solche Aussteiger bei uns überhaupt etablieren? Und was halten traditionelle Handwerksbäcker von der Entwicklung? „Ingolstädter Stimme“ hat bei Thomas Hackner, seines Zeichens Brot-Sommelier, und  Geschäftsführer des Backhaus Hackner, nachgefragt:

Was machen Aussteiger anders als „normale“ Bäcker?

Der Unterschied ist nur, dass Aussteiger, auch bekannt als „Hipster-Bäcker“, sich geschickter vermarkten. Sie verkaufen genau dasselbe wie der Handwerksbäcker: Sauerteigbrot ohne Backmischung. Hippe Aufmachung und Verknappung tun ihr übriges. Gut vergleichen kann man das Ganze auch mit Apple und Samsung – da ist auch keiner schlechter als der andere und doch kostet ein iPhone wesentlich mehr als ein Smartphone von Samsung.

Wie sieht der Unterschied preislich aus?

Ich muss mir oft vorhalten lassen, dass Hackner so teuer wäre. Das stimmt nicht. Die Handwerksbäcker in Ingolstadt liegen alle ungefähr auf demselben Preisniveau. Unser günstigstes Brot liegt bei 1,80 Euro (500g) und das teuerste, ein Dinkel-Vollkornbrot, bei 3,45 Euro (500g). 

Es ist ironisch, dass viele Leute zu Starbucks gehen und sich einen Kaffee für fünf Euro kaufen – kostet eine Breze 73 Cent, ist das zu teuer. Ein Handwerksbäcker kann nun mal nicht so günstig produzieren wie der Backshop in einem Supermarkt.

Wie unterscheidet sich die Produktion?

Bei einer industriellen Produktion hat man eine Halle, Maschinen, Computer und maximal zehn Angestellte. Im Handwerk wird noch zu 90% mit der Hand gearbeitet, Maschinen haben wir nur zur Unterstützung.

Wir können uns durch das Herausheben von bestimmten Rohstoffen etwas absetzen. Unser Mehl kommt aus der Region, die Eier beziehen wir von der Happy Chicken Farm bei Manching und Wurst und Fleisch bekommen wir von den regionalen Metzgereien Böhmfelder und Pauleser. Das kostet natürlich alles mehr, wird dem Kunden aber auch immer wichtiger.

Woran erkennt man gutes Brot?

Je kürzer die Zutatenliste, desto besser. Konservierungs- und Aromastoffe haben in einem Brot nichts zu suchen. Aromen kann man zum Beispiel durch Vorreife erreichen. Eine knackige Kruste ist ein Indikator für frisches Brot. Viele Kunden kaufen lieber softere, hellere und weichere Brotsorten, dabei muss man sagen, dass dunklere Sorten wie „Hackner Tradition“, „Urbrot“, „Bauernbrot“ und „Schanzer Laib“ eigentlich die besseren sind, da Aromen aus der Kruste ins Brot gelangen. Dunkel ist eben nicht immer gleich verbrannt.

Was wird bei Ihnen am meisten gekauft?

Der „Gassenhauer“ – ein Sauerteigbrot aus 60% Roggen und 40% Weizen.

Hätte eine Hipster-Bäckerei Chancen in Ingolstadt?

Wenn eine solche Bäckerei nach Ingolstadt käme, würde es auf jeden Fall für eine Zeit lang funktionieren. Schließlich ist es etwas Neues und strahlt Coolness und Purismus aus. Auf Dauer ist das Konzept dann aber eher was für echte Großstädte wie München oder Hamburg. 

Würde Hackner hingehen und einen neuen Laden mit dem gleichen Produkt, in anderer Verpackung und Aufmachung eröffnen, dann würde vermutlich auch das funktionieren. Von einer richtigen Bäckerei wird aber ein ganz anderes Sortiment erwartet und bestimmte Preise wären dann vor dem Kunden auch nicht mehr zu rechtfertigen.

Ihr Fazit?

Es gibt immer noch so viele gute Handwerksbäckereien. Ein hochwertiges, leckeres Brot muss nicht immer fünf Euro kosten – mit 2,50 Euro kommt man auch ganz gut hin.