Kulinarisch: Die Espresso-Zauberformel – genial oder Humbug?

Einen guten Espresso zuzubereiten ist eine Sisyphosarbeit. Jedem Versuch wohnt die Ahnung inne, dass es noch besser gelingen müsste. Und so wird immer von Neuem probiert und experimentiert. Nun will eine wissenschaftliche Studie die Not der Baristi (zu denen wir uns doch alle zählen) lindern oder gar beseitigen.

In Italien gelten für den Espresso strenge Gesetze (Konsortium zum Schutze des Traditionellen Italienischen Espressos – CTCEIT). Zum einen heißt er dort “caffè” und für die Zubereitung gilt: 7g (+/- 0,5 g) fein gemahlenes Kaffeepulver, 25 ml Wasser und 25 Sekunden “Brühzeit”, Wassertemperatur 92 bis 95 Grad und 9 bis 10 bar Druck. An diesen Grundfesten italienischer Kaffeekultur rüttelt eine Studie, die von Materialforschern, Physikern und Mathematikern erarbeitet wurde. Deren Ergebnis: Weniger Kaffeebohnen und kürzere Zubereitungszeit (https://www.cell.com/matter/fulltext/S2590-2385(19)30410-2)

Eines vorweg: Der Ratschlag, die Kaffeemenge zu reduzieren, ist irreführend und wurde in der Medienberichterstattung falsch dargestellt: Die Forscher gingen von der Zubereitung des Getränks in Café-Ketten aus, bei denen die Menge nicht 25 ml sondern gut und gerne das Doppelte beträgt. Daher werden dort auch statt 7 bis 9 Gramm satte 25 bis 32 Gramm pro Brühvorgang eingesetzt. Daher ist der Vorschlag, die Menge zu reduzieren für einen Freund italienischer Zubereitung keine Revolution.

Anders sieht es mit dem Mahlgrad aus: Ganz fein solle das Kaffeemehl beim Espresso sein, das liest man allenthalben. Nein, meinen die Forscher und behaupten, zu fein gemahlenes Pulver behindere die Extraktion der Aromen.

Wir haben mit dem Mahlgrad experimentiert. Das Ergebnis können Sie nicht schmecken, aber optisch beurteilen. Zum Einsatz kamen: Gastroback Siebträgermaschine mit Mahlwerk und Arabica-Bohnen von District Five (regionaler Röster). Als Sieb wurde ein doppelbödiges verwendet, das regelmäßig eine bessere Crema erzeugt.

Die Grundlagen:

25 ml im Messbecher …
… reichen im Espresso-Glas bis zur Unterkante des Logos
Kaffeebohnen von einem regionalen Röster
Bester Arabica …
… Portionen mit jeweils 8 g Kaffeebohnen
Gastroback-Espresso-Maschine, seit sechs Jahren im Einsatz, mit Mahlwerk und Siebträger

Ganz fein gemahlener Kaffee

Grad 15: ganz fein gemahlener Kaffee …
… sieht so im Siebträger aus.

Läuft nicht durch (vor allem wegen doppelwandigem Sieb)

Nun zum anderen Ende der Skala: Grob gemahlener Kaffee:

Grad 2: ganz grob gemahlener Kaffee
… sieht so im Siebträger aus.

Geht so…. also grober Mahlgrad scheint tatsächlich nicht so schädlich zu sein. Aber ohne doppelwandiges Sieb hätte es wohl gar keine Crema gegeben.

Die “goldene Mitte”: Perfekt? 

Mittlerer Mahlgrad …
… sieht so im Siebträger aus.

So läuft er durch:

Schaut ganz gut aus. Schmeckt auch gut. ABER: Wegen doppelwandigem Sieb Crema etwas künstlich (zu viel “Schaum”). Außerdem viel zu schnell durchgelaufen (11 Sekunden). Also das nächste Mal mit einfachem Sieb. Das Ganze nochmal… Sisyphos lässt grüßen.