Wissen: Die Grünen, der “wunderbare Freistaat“ und Zulieferer auf der Intensivstation

Zum 1. GRÜNEN Fahrzeugkongress hatte die Öko-Partei nach Ingolstadt geladen. Mit Anton Hofreiter und Katharina Schulze waren prominente Grüne gekommen.

Die Grünen können inzwischen von Fahrzeugen – insbesondere Autos – reden, ohne ins Stottern zu geraten. Das war nicht immer so. Das Verhältnis der Partei zum Auto war in der Vergangenheit durchwachsen. Daher meinte auch Katharina Schulze, die Fraktionsvorsitzende im Bayerischen Landtag:

Bemerkenswert: Sprach doch Katharina Schulze ganz ernsthaft vom “wunderbaren Freistaat”.

Durch die Veranstaltung führten Barbara Fuchs, die Sprecherin für Wirtschaftspolitik und  Markus Büchler, der Sprecher für Mobilität.

Fuchs begrüßte die Gäste in der Volkshochschule:

Einleitend machte Anton Hofreiter klar, warum nach seiner Sicht der Dinge die Autos emissionsfrei   werden müssen:

Anschließend lieferten sich Prof. Markus Lienkamp (Lehrstuhl für Fahrzeugtechnik an der TU München) und Tobias Brunner (Geschäftsführer HYNERGY GmbH) ein “Duell”  zu Elektroantrieb und Brennstoffzelle. Während der Münchner Hochschullehrer, bei dem nach eigenen Bekunden VW-Chef Diess schon mal anruft, für reine Elektroautos plädierte (und Volkswagen für die entsprechende Ausrichtung lobte), verteidigte Brunner den Wasserstoff als Kraftstoff für die Brennstoffzelle und Träger der Energie zum Zwecke der Speicherung und des Transportes. Beide Referenten, deretwegen sich schon der Besuch gelohnt hatte, waren sich schließlich einig, dass für Klein- und Mittelklassewagen deer reinelektrische Antrieb Vorteile bietet, während für schwere Lkws und Busse und insbesondere für Langstreckenfahrzeuge die Brennstoffzelle ihre Daseinsberechtigung hat.

In mehreren Panels wurden anschließend verschiedene Themen diskutiert. Von besonderem Interesse für die Region dürfte das Thema “Zulieferbetriebe in der Krise” gewesen sein. Hier wurden einige Vertreter des Mittelstandes sehr deutlich: Die Zulieferer “liegen auf der Intensivstation”; während die Autokonzerne in China gutes Geld verdienen und dabei Entwicklung und Produktion immer mehr dorthin verlagern (müssen), leiden die Zulieferer in Deutschland unter Auftragsmangel. In zwei bis drei Monaten erwartet etwa Oliver Stier,  Geschäftsführender Gesellschafter der Eberhard Meyer GmbH (Formenbau Kunststoff) eine regelrechte Insolvenzwelle. Und die Teilnehmer der Diskussionsrunde beklagten: Der Mittelstand stirbt lautlos. Über Insolvenzen kleinerer Unternehmen werde in den Medien kaum berichtet. 800.000 Arbeitsplätze, davon etwa 400.000 in Bayern, hängen an der Automobilindustrie. Zieht man den Kreis etwas weiter, so sind es gar 1,5 bis 1,8 Millionen.

Den Abschluss der Veranstaltung bildete eine Diskussionsrunde, an der dann die Vertreter der Panels und auch Johann Horn, Bezirksleiter IG Metall Bayern, mitwirkten. Dabei machte Horn deutlich: Die jetzige Krise und Arbeitsplatzverluste sind nicht dem Elektroauto geschuldet, das wesentlich einfacher ist als Verbrenner und weniger Arbeitskräfte zur Herstellung benötigt (Horn: “Wenn ein Auto mit Verbrennungsmotor zehn Arbeiter für die Herstellung benötigt, dann reicht für ein Elektroauto einer!”); es würden ja bisher nur wenige Elektroautos gebaut und immer noch viele mit herkömmlichen Antrieb. Die Unternehmen würden unter dem Vorwand, die Elektrofahrzeuge wären verantwortlich, vielmehr Produktionen in Länder mit geringeren Kosten verlagern, um die Gewinne zu erhöhen. Die gravierenden Arbeitsplatzverluste durch den Bau der einfacheren E-Autos würden erst in einigen Jahren eintreten.