(hk) Armin Laschet war der Kanzlerkandidat der Union, Olaf Scholz (SPD) hat die Wahl gewonnen, aber Bundeskanzler wird Markus Söder. Foto: Bayer. Staatskanzlei
Ein politischer (Alb-)Traum, keine ernsthafte Analyse.
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder ist wie seine Vorgänger Franz Josef Strauß und Edmund Stoiber der Meinung, er hätte das Zeug zum Bundeskanzler. Das gehört wohl zum Selbstverständnis der meisten bayerischen Ministerpräsidenten. Strauß und Stoiber wurden von der Union nominiert und verloren die Wahl. Söder schaffte die Nominierung nicht und fuhr mit der CSU in Bayern ein miserables Wahlergebnis ein. Aber er wird Bundeskanzler werden.
Man darf zwar nicht ganz übersehen, dass Olaf Scholz und die SPD bei der Bundestagswahl die meisten Stimmen bekamen. Das einzugestehen fällt dem CDU-Kanzlerkandidaten Armin Laschet sichtlich schwer. Indem er Scholz zum Wahlerfolg demonstrativ gratuliert, führt Söder seinen Parteifeind Laschet öffentlich vor und mimt den anständigen Charakter. Die öffentliche Gratulation des CSU-Vorsitzenden überrascht alle nicht an Demenz leidenden Beobachter der politischen Szene. War es doch Söder unglaublich schwergefallen, seine Niederlage beim Kampf um die Nominierung als Kanzlerkandidat der Union wegzustecken. Mehrfach hatte er gegen Laschet nachgetreten und zum Ausdruck gebracht oder von seinem Hofstaat bringen lassen, dass er der bessere Kandidat sei. Angesichts Söders Gratulation sollten bei der SPD die Alarmglocken schrillen.
Scholz zum Wahlerfolg zu gratulieren fällt Söder leicht, weil er weiß oder zumindest annimmt, dass Scholz nicht zum Kanzler gewählt wird oder alsbald als solcher zurücktreten muss. Er betrachtet den Sozialdemokraten nicht als ernsthaftes Hindernis auf dem Weg ins Kanzleramt. Und genau so sieht es wohl Armin Laschet, der deshalb trotz Wahlniederlage verzweifelt um Schwarz-Grün-Gelb, also die Jamaika-Koalition unter seiner Führung, kämpft.
Warum aber glauben Söder und Laschet wohl, dass Scholz scheitert? Des Rätsels Lösung liegt nicht im Zentrum der politischen Macht, also in Berlin, sondern in Köln und Düsseldorf. In Köln hat die Staatsanwaltschaft ihren Sitz, die bundesweit für die Ermittlungen und Anklagen bei den Cum-Ex-Geschäften zuständig ist und dabei auch gegen die Hamburger Warburg-Bank ermittelt. Und in Düsseldorf befindet sich das Justizministerium der Landesregierung von Armin Laschet, das von einem CDU-Mann geführt wird und gegenüber dieser Staatsanwaltschaft weisungsbefugt ist.
Das klingt nach einer üblen Verschwörungstheorie. Doch statt über Theorien zu grübeln oder zu streiten, ist hier ein Blick auf die Praxis staatsanwaltschaftlicher Ermittlungstätigkeit angebracht: Die zuständige Staatsanwältin wollte nach einem Bericht der Zeitung Die Welt gegen die Hamburger Sozialdemokraten und Scholz-Freunde Johannes Kahrs und Alfons Pawelczyk losschlagen. Ihr oberster Chef, der Generalstaatsanwalt, sah aber den erforderlichen Anfangsverdacht als nicht gegeben. Daraufhin wurde, so die zitierte Zeitung, das CDU-geführte Justizministerium aktiv und wies die hierarchisch gegliederte Staatsanwaltschaft an, die Durchsuchungen bei den SPD-Politikern durchzuführen. Das zeigt: Eine politische Einflussnahme gibt es bereits.
Aufgrund dieses Sachverhaltes ist davon auszugehen, dass Armin Laschet und führende Unionspolitiker, darunter Markus Söder, wissen, dass hier politischer Sprengstoff nicht nur vergraben ist, sondern offen herumliegt und nur noch gezündet werden muss. Werden seitens der politisch anweisbaren Justiz im “richtigen” Zeitpunkt medienwirksam Vorwürfe gegen den früheren Hamburger Senat, damals mit Scholz an der Spitze oder führende Hamburger Sozialdemokraten erhoben, könnte folgendes geschehen: Dann dürften bei der Kanzlerwahl einige ohnehin der SPD nicht geneigte Freie Demokraten endlich einen Grund haben, von der Ampel-Fahne zu gehen, also Rot-Grün-Gelb zu torpedieren. Begründung würde die mögliche Verstrickung von Scholz in die Warburg-Affaire sein. Scholz muss im Dezember ohnehin im Hamburger Untersuchungsausschuss als Zeuge aussagen und das zu einem Zeitpunkt, in dem die Kanzlerwahl möglicherweise unmittelbar bevorsteht. Bisher wurde Scholz von der Hamburger Finanzverwaltung entlastet. Er habe nicht zugunsten der Bank eingegriffen. Diese musste nach einem rechtskräftigen Urteil 47 Millionen Euro an den Staat bezahlen, die die Hamburger Steuerbehörden wegen angeblicher Rechtsunsicherheit zunächst nicht eingefordert hatten. Auch wenn Scholz keine Einflussnahme nachgewiesen wird: Gut inszenierte juristische Einschläge von Geschossen der unter Laschets politischem Einfluss stehenden Kölner Strafverfolgungsbehörde im Umfeld von Scholz können im Ergebnis dazu führen, dass der Sozialdemkrat bei der Kanzlerwahl durchfällt. Das wäre das Ende einer Ampel-Koaltion, denn es gibt in der SPD weit und breit keinen Spitzenpolitiker, der nach Scholz von den erforderlichen Koalitionspartnern akzeptiert würde.
Dann schlägt die Stunde der Jamaika-Koalition. Und Kanzler wird Markus Söder, weil Laschet sich bis dahin mit Hilfe seiner “Parteifreunde” selbst demontiert hat. Um die vielleicht etwas widerspenstigen Grünen zu locken, kann Söder Aiwanger, den er bereits in eine Erdumlaufbahn gebracht hat, mit einem weiteren Tritt endgültig auf den Mond schießen und die bayerischen Grünen in München als Morgengabe für Schwarz-Grün-Gelb in Berlin an der Regierung beteiligen…
Aber das alles ist nur ein (Alb-) Traum.