Thema: Von der Schneekatastrophe bis zum Entenrennen

Was die Mitglieder im Ingolstädter Ortsverband des Technischen Hilfswerks antreibt, sich zu engagieren.

Wie ruhig das Jahr 2020 doch begonnen hat. Vor einem Jahr sah das ganz anders aus. Da hatten die Mitglieder des THW Ortsverbands Ingolstadt mit gigantischen Schneemassen zu kämpfen. Freilich nicht hier in Ingolstadt, sondern im Süden des Freistaats. Die Landkreise Bad Tölz-Wolfratshausen, Berchtesgadener Land, Garmisch-Patenkirchen, Miesbach und Traunstein hatten im Januar 2019 den Katastrophenfall ausgerufen und rund 1500 Helfer des THW waren zu Spitzenzeiten vor Ort im Einsatz, darunter auch Helferinnen und Helfer aus Ingolstadt. Über 2400 Einsatzstunden schufteten die Ingolstädter im Schnee.

Anfang 2019 waren auch Ingolstädter THWler im Süden Bayerns im Ensatz (Foto: Nicole Endres/THW)

Dort anpacken, wo man gebracht wird – typisch THW. Dabei sind die einzelnen Ortsverbände bestens vernetzt. „Reicht uns unser Bagger nicht, rufe ich in Donauwörth an,“ erklärt der Ingolstädter Ortsbeauftragte Werner Euringer. Dafür wird umgekehrt vielleicht der „Fachberater Deichverteidigung“ Alexander Ruzzi aus Ingolstadt an einen anderen OV „verliehen“. Der Vorteil: Dadurch, dass ein THWler in Hamburg exakt die selbe Ausbildung durchläuft wie in Berchtesgaden, kann man sich ohne Einarbeitungsphase sofort aufeinander verlassen. Jeder weiß genau, was er wie zu tun hat. Weil das Technische Hilfswerk eine Bundesanstalt ist, gelten in ganz Deutschland die selben Regeln und Anforderungen an Mensch und Material. Jeder Ortsverband verfügt über einen Zugtrupp, eine Bergungsgruppe, sowie mindestens eine Fachgruppe. In Ingolstadt sind es sogar drei Fachgruppen, nämlich Notversorgung/Notinstandsetzung, Räumen und – an der Donau mit Blick auf Hochwasserereignisse – Wassergefahren. Die Einsatzgebiete sind vielfältig, so rückten fünf Ingolstädter Anfang Dezember in Ebenhausen an, um die dortigen Kollegen nach einem Wohnhausbrand bei der Schuttbeseitigung zu unterstützen. Es war zugleich die „Premiere“ für den nagelneuen Bagger des Ortsverbands Ingolstadt, der vor Kurzem den 33 Jahre alten Radlader ersetzte.

Einsatz beim Wohnhausbrand in Ebenhausen (Foto: THW/Michael Matthes)

In der Silvesternacht geriet ein landwirtschaftliches Anwesen in Freinhausen in Brand, auch hier wurden die Pfaffenhofener Einsatzkräfte durch THWler aus Ingolstadt unterstützt. Doch es sind nicht nur Unglücks- oder Katastrophenfälle, bei denen das Knowhow des Technischen Hilfswerks gefragt ist. Bei den Ingolstädter Sport-Großereignissen Triathlon oder Halbmarathon ist das THW nicht weg zu denken, etwa um die Strecke abzusichern oder Bojen im Baggersee zu verankern: „Ohne uns würde auch das Entenrennen auf der Donau nicht stattfinden können,“ erklärt Franziska Zontar, die Sachbearbeiterin Ehrenamt und Ausbildung in der THW Regionalstelle Ingolstadt. Hinzu kommen Einsatzbereiche in Verwaltung, Öffentlichkeitsarbeit oder Küchendienst (Hunderte Einsatzkräfte vor Ort zu verpflegen – auch das ist eine logistische Herausforderung und will gelernt sei). „Es gibt eigentlich keinen Bereich, den das THW nicht abdeckt,“ erklärt die Ausbildungsbeauftragte.

Der Gesellschaft etwas zurück geben

In der Marie-Curie-Straße 33 wird geschraubt, gebohrt und geputzt. Vor allem am Dienstag Abend, denn dann ist THW Tag. Für viele Aktive ist das ein Pflichttermin und manch einer kann sich auch nach seiner aktiven Laufbahn nicht vom THW trennen und steht gerne in der Werkstatt, um die Kollegen zu unterstützen. Alles ehrenamtlich, versteht sich. In einer zeit, in der sich Vereine und Organisationen schwer tun, genügend Ehrenamtler zu finden, ist das beim THW Ingolstadt kein Problem: „Wir haben sehr guten Zulauf!“ betont Werner Euringer, der selbst seit über 25 Jahren dabei ist und 2014 Ortsbeauftragter wurde. 80 aktive Helfer (darunter 25 Jugendliche) sind derzeit verfügbar, dazu kommen noch einmal so viele „Alt-Helfer“. Die Ingolstädter THW-Familie hat offenbar eine besondere Anziehungskraft. „Man ist Teil einer Gemeinschaft und kann der Gesellschaft etwas zurück geben,“ erläutert Markus Riffelmacher seine Beweggründe, wieso er sich dem THW anschloss. Der Ingenieur, der eigentlich aus der Nähe von Kaiserslautern stammt, ist berufsbedingt nach Ingolstadt gezogen und hat im vergangenen August mit der Ausbildung beim Ortsverband begonnen. „Schrauben, flexen, schweißen. Das ist der ideale Büro-Ausgleich. Und man knüpft schnell Kontakte. Es macht in der Gruppe einfach Spaß.“

V.l.: Markus Riffelmacher, Alexander Ruzzi und Andreas Brandhofer im Ingolstädter THW “Hauptquartier” (Foto: Arzenheimer)

Vom gemeinschaftlichen Engagement des THW begeistert ist auch Andreas Brandhofer, denn das finde man nicht überall: „Dieses ‘jeder hilft jedem’ ist in unserer Gesellschaft verloren gegangen.“ Der Inhaber einer traditionsreichen Ingolstädter Spedition hat sich im fortgeschrittenen Alter dazu entschlossen, sich beim THW aktiv zu engagieren: „Ich dachte, es gibt eine Altersbegrenzung. Dann habe ich den Werner Euringer gefragt.“ Nachdem dieser klar gestellt hatte, dass es eine solche Beschränkung nicht gibt, ist Andreas Brandhofer sofort in die Ausbildung eingestiegen und dabei auch Knowhow und Können mit gebracht: „Ich verfüge über alle Führerscheinklassen und jede Menge Erfahrung. Ich wollte mich unbedingt ehrenamtlich engagieren und da kam für mich nur das THW in Frage.“

„Wenn schon nicht aktiv helfen, dann finanziell unterstützen.”

99 Prozent der Arbeit beim THW werden ehrenamtlich geleistet, die Grundausstattung an technischem Gerät und die Kleidung werden gestellt. Wenn aber darüber hinaus zum Beispiel zusätzliche Anbaugeräte für den Bagger oder Ergänzungsmaterial für den Wechsellader gebraucht werden, müssen das die Ortsverbände selbst in die Hand nehmen. Um diese Anschaffungen zu finanzieren, gibt es den Förderverein des THW Ingolstadt. „Wenn schon nicht aktiv helfen, dann finanziell unterstützen,“ meint Stefan Huber, Vorsitzender der Fördervereins. Er selbst schaut immer wieder gerne in der Ingolstädter THW Zentrale in der Marie-Curie-Straße vorbei: „Ich fahr gern raus und bin sehr stolz auf die THW Familie.“ (In der Marie-Curie-Straße sitzt im Übrigen nicht nur der Ortsverband, sondern auch die Regionalstelle, die wiederum die ihr zugeordneten Ortsverbände von Roth über Donauwörth bis Pfaffenhofen betreut.) Unterstützer sind dabei immer herzlich Willkommen, denn am Equipment sollte nicht gespart werden. Das nächste Hochwasser kommt gewiss…

 

Kontaktdaten Förderverein des THW Ingolstadt e.V.
Vorsitzender Stefan Huber
Marie-Curie-Straße 33
85055 Ingolstadt
Tel.: 0841/17253
Mail: vorstand@thw-fv-ingolstadt.de

Titelbild: Nicole Endres