Ein Stück Lebensqualität lahm gelegt

Gastronomen und Hoteliers leiden unter der Corona-Krise. Der Ingolstädter DEHOGA Vorsitzende Harald Mödl über den Verlust – auch für die Gäste.

Mal eben in der Mittagspause zum Italiener, am Nachmittag ein Kaffeeklatsch im Café oder Abends ein Feierabendbierchen mit Brotzeit im Stammlokal (Schafkopfrunde inklusive). Wie sehr etwas zum normalen Leben gehört, merkt man immer dann, wenn dieses Leben eben nicht mehr normal ist. „Essen gehen, Freunde treffen oder nur einen Cappuccino in der Sonne genießen. Das funktioniert momentan nicht. Und das sagt auch aus, wie schlimm die Situation ist,“ erklärt Harald Mödl, Ingolstädter Kreisvorsitzender des Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA). Die Gastronomie als ein Teil der Lebensqualität ist in der Corona-Krise – wie so viele andere Bereiche – lahm gelegt. Und je länger dieser Stillstand dauere, desto mehr würden auch die Kunden, Gäste, Konsumenten bemerken, wie gesellschaftlich wertvoll gastronomische Angebote sind.

Andrea und Harald Mödl in ihrem Biergarten im Schutterhof, wo jetzt eigentlich die Vorbereitungen für den Frühlingsbetrieb laufen würden.

Doch wo man sich momentan auf die Osterferien vorbereiten und normalerweise an den ersten schönen Frühlingstagen Hochbetrieb herrschen würde, ist man zum Stillstand verdonnert. Familienfeiern wie Kommunion, Firmung und Hochzeit werden abgesagt, ja sogar Beerdigungen finden nur im kleinen Kreis statt – ohne „Leichenschmaus“. Anstatt Biertischgarnituren aufzustellen, werden unzählige Telefonate geführt. Anstatt Gäste zu begrüßen, werden Informationen der Arbeitsagentur gecheckt. Rund 100 Mitglieder hat die Ingolstädter DEHOGA-Kreisstelle und der Vorsitzende Harald Mödl ist gerade dabei, die Situation der einzelnen Mitglieder abzuklären. Weil niemand weiß, wie lange der Stillstand dauert, sind Prognosen nur schwer möglich.

Hotels: Vor der Corona-Krise schadete schon die Diesel-Krise

Während viele Gaststätten geschlossen haben, dürfen Hotels weiter geöffnet bleiben und etliche sind es auch: „Hier kommen zum Beispiel Monteure unter oder Leute, die eben eine als notwendig eingestufte Reise machen. Ansonsten würden auch noch andere Branchen, zum Beispiel der Bau, zusätzlich leiden“, so Mödl. Wer hier den Hotel-Betrieb trotz geringer Gästezahl und unter strengen Hygienevorschriften aufrecht erhält, verdiene höchsten Respekt. Dabei haben gerade die Hotels schon seit einiger Zeit bei den Übernachtungen von Geschäftsreisenden einen deutlichen Rückgang zu vermelden und daran ist – nicht überraschend – die Firma Audi nicht ganz unschuldig. Hier lief der Motor ja schon seit der Diesel-Krise nicht mehr so rund. Und Meetings, Konferenzen und Kongresse wurden weniger. Waren es laut Harald Mödl vor einigen Jahren im Schnitt noch 3,5 Tage, die ein Business-Gast in einem Ingolstädter Hotel gebucht war, sank diese „Verweildauer“ zuletzt auf ein bis zwei Tage und liegt aktuell bei nahezu Null. Derzeit gilt bei Audi ein kompletter „Meeting-Stopp“ bis 30. Juni. Keine guten Aussichten für das Tagungs- und Hotelgewerbe. Auch deshalb treffen sich derzeit die Vertreter von Audi, DEHOGA, ITK, Stadt, IFG, IHK, den Landkreisen und anderen für den Bereich relevanten Institutionen regelmäßig an einem runden Tisch, um die Auswirkungen der Corona-Krise für den Gastro- und Hotelsektor abzufedern. Derzeit würden in der Gruppe, die sich alle acht bis zehn Tage trifft, verschiedene Szenarien entwickelt, so Mödl. Es ginge auch darum, gut aufgestellt zu sein, wenn es wieder los geht. Dazu würde auch ein regionales Attraktivitätsprogramm entwickelt.

Patienten ins Hotel?

Zudem werden die Hoteliers derzeit abgefragt, die sich für eine mögliche Unterbringung von Corina-Infizierten oder Kranken im Notfall bereit erkläre würden und auch die entsprechenden Voraussetzungen bieten könnten, Die Anfrage kam vom Bund und wurde an die Hotel- und Gaststättenverbände heran getragen. „Natürlich geht es da um die Frage, ob man das überhaupt will. Und ob es sich z.B. um eine kurzfristige Maßnahme von etwa vier Wochen oder um mehrere Monate handelt.“ Auch hier gilt – wie bei den meisten Corona-Themen: man weiß nicht genau, wie lange es dauert.

Aber gerade Zeit ist das Problem. Jetzt müsse schnell und unbürokratisch geholfen werden, meint Harald Mödl. Aber viele Mitglieder hätten ihm berichtet, dass genau das nicht der Fall sei, etwa wenn es um Finanzhilfen gehe, die bei der Bayerischen Landesbank beantragt werden: „Ich würde bitten, Härtefälle an uns zu melden. Wir geben das an den DEHOGA Verband weiter.“ Manchmal sei es nicht ersichtlich, warum etwas in Garmisch funktioniere, aber in Ingolstadt nicht.

Ein ungewohntes Bild: keine Passanten, keine Gäste im Café – also ganz viel “Nichts” in der Ingolstädter Altstadt.

Außerdem rät er den Gastronomen und Hotelbetreibern: „Scheuen Sie sich nicht, Kurzarbeitergeld zu beantragen!“ Auch hier kann der DEHOGA Kreisverband mit Informationen und Kontaktadressen helfen. „Wir haben die Infos speziell für unsere Branche,“ betont Mödl und erklärt: „Neben den 100 Mitgliedern gibt es in Ingolstadt mindestens 100 Betriebe, die nicht bei uns organisiert sind. Auch die können sich bei uns informieren.“ Und die Ingolstädter Kreisstelle hat sich auch spezielle Ingolstadt-Konzepte überlegt: So ist die Versorgung der Betriebe mit Desinfektionsmitteln und Handspendern in die Wege geleitet worden, in vier Wochen sollte geliefert werden. Dann können die Gaststätten, Restaurants und Biergärten ihre Gästen Möglichkeiten zur Desinfektion bieten.

Liefer-App und Gutscheine

Nachdem das Liefer- und Abholgeschäft zwangsläufig immer wichtiger wird, möchte man das in Ingolstadt weiter ausbauen. Viele Gastronomen bieten jetzt schon an, ihre Speisen zu liefern. Und so werden die DEHOGA-Betriebe gerade daraufhin angefragt, ob sie mit ihren Lieferservices in einer regionalen „Liefer-App“ (wird erstellt von www.kaufdaheim.org) erscheinen möchten. Für Harald Mödl ist das ein Projekt, das sich auch nach dem Corona-Stillstand auszahlen kann. „Es ist jetzt die richtige zeit, es anzuleiern und später davon zu profitieren. Die Entwicklung dieser App könnte auch z.B. durch die IFG als aktive Wirtschaftsförderung unterstützt werden“, erklärt Harald Mödl.

Aber auch die Kunden können jetzt die Gastronomie unterstützen – zum Beispiel durch den kauf von Gutscheinen, die ja dann nach Ende der Krise eingelöst werden können. Außerdem könnte sich der DEHOGA-Vorsitzende auch eine Subventionierung von Speisen zum Mitnehmen vorstellen, etwa als Dank für diejenigen, die gerade in Praxen und Krankenhäusern arbeiten und keine zeit haben, sich zu Hause an den Herd zu stellen.

Grundsätzlich wäre es jetzt nichtig, nicht konzeptlos in eine ungewisse Zukunft zu steuern: „Wir würden uns einen Plan für einen Wiederstart wünschen“, sagt Harald Mödl. Dieser könnte ja ein langsames „Wieder-Hochfahren“ beinhalten, etwa mit Personenbeschränkungen o.ä. „Ich bin mir außerdem sicher, dass die Restaurants nach der Öffnung wieder voll sind!“ Bis dahin ist Durchhalten angesagt. Und etwas Aufmunterung. Der 12-jährige Sohn von Harald Mödl formulierte das so: „Die Schanz ist noch nie eingenommen worden. Dann wird sie sich auch nicht von diesem Virus einnehmen lassen.“

Infos zur DEHOGA Kreistelle Ingolstadt finden Sie hier:

https://www.dehoga-bayern.de/wir-ueber-uns/ehrenamt/bezirke-und-kreise/bezirk-oberbayern/kreisstelle-ingolstadt/