Fakten und Gerüchte: Lehmann und Fastenmeier im Vergleich (2)

Heribert Fastenmeier, der frühere Chef des Klinikums, wirft in einer Nachricht an nahe Angehörige, die er sechs Tage vor seinem Freitod verfasste, der (politischen) Leitung des Klinikums vor, man wolle ihn “vernichten”. Wurde er im Vergleich zu Alfred Lehmann zu hart angegangen?

Heribert Fastenmeier wurde wegen des Verdachts von Straftaten zu Lasten des Klinikums im April 2017 verhaftet. Am 27. Dezember des gleichen Jahres nahm er sich das Leben.

Kurz vor seinem Tod schrieb er aus der Justizvollzugsanstalt in Gablingen bei Augsburg” folgende Datums- und Ortsangabe: “G(r)ablingen, 21.12.2017”. Die – uns in Kopie vorliegende – Karte ist an nahe Angehörige gerichtet. Fastenmeier teilt darin zunächst mit, dass er ein Schreiben verfasst habe, das als “offener Brief” über Ruth Stückle vom Donaukurier an Oberbürgermeister Christian Lösel (zugleich Vorsitzender des Aufsichtsrats des Klinikums) weitergeleitet werde. Wegen “Lösel & Co” gehe es ihm schlimmer als je zuvor, offenbart der ehemalige Klinikchef darin. Und: “Es geht mir sehr, sehr schlecht auch wegen der Aktion von heute und ich kann meiner Familie nicht helfen und jetzt sollen sie komplett vernichtet werden..”

Was war geschehen? Das Klinikum/der Zweckverband war gegen Fastenmeier zivilrechtlich, also unabhängig vom Strafverfahren, vorgegangen. Man hatte gegen ihn einen sogenannten “dinglichen Arrest” erwirkt. Das ist keine Klage, mit der eine Geldforderung eingeklagt wird. Vielmehr handelt es sich um eine Sicherungsmaßnahme, mit der verhindert werden kann, dass ein Schuldner, also eine Person, von der man Geld haben möchte, sein Vermögen “verräumt”, also der möglichen, künftigen Zwangsvollstreckung entzieht. Mit dem beantragten und vom Landgericht (nach der Zivilprozessordnung ohne vorherige Anhörung Fastenmeiers) erlassenen dinglichen Arrest wurde Fastenmeiers Vermögen praktisch eingefroren. Nach der Zustellung, die offensichtlich an dem Tag erfolgte, an der Fastenmeier die Karte schrieb, konnte Fastenmeier über kein Konto mehr verfügen, war wirtschaftlich bewegungsunfähig. Damit konnte auch seine Familie für den Lebensunterhalt kein Geld mehr von einem seiner Konten abheben. Mit der Aktion zielten die Antragsteller offensichtlich auf Ansprüche die Fastenmeier aufgrund seiner Altersversorgung zustanden und die angeblich kurz danach ausgezahlt worden wären. Die Auszahlung an ihn sollte so verhindert werden. Fastenmeier hatte zu diesem Zeitpunkt bereits Anwaltskosten im mittleren sechsstelligen Bereich. Diese wurden zunächst von der Rechtsschutzversicherung bezahlt. Er wusste aber, dass diese im Falle einer Verurteilung wegen vorsätzlicher Delikte (so wie in der zwischenzeitlich bei Gericht eingegangenen Anklageschrift angegeben) das Geld wieder bei ihm holen würde. Diese Kosten hätte er mit den Ansprüchen aus der Altersversorgung überwiegend befriedigen können. Das war nun nicht mehr möglich.

Eine so gravierende Maßnahme wie ein dinglicher Arrest ist natürlich an bestimmte Voraussetzungen gebunden. Es muss die Gefahr glaubhaft gemacht werden, der Schuldner habe die Möglichkeit, sein Vermögen “zu verräumen”. Davon ging der Aufsichtsrat des Klinikums unter Vorsitz von Christian Lösel, der dieses Vorgehen absegnen musste, offenbar aus. Einigkeit herrschte aber wohl zunächst nicht. Aufsichtsräte berichten, mindestens zwei Mitglieder des Gremiums (eines sogar von der CSU) hätten Bedenken angemeldet. Daraufhin sei die Sitzung unterbrochen worden. Mit dem Hinweis, dass sie sich haftbar machen würden, wenn sie nicht entschlossen gegen Fastenmeier vorgehen, wurden die Aufsichtsräte offenbar “auf Linie” gebracht. Der Aufsichtsratsvorsitzende stützte sich dabei nach unseren Informationen auf die Ausführungen der beteiligten Anwaltskanzleien (Kroll und Kollegen sowie eine Münchner Kanzlei).

Nach Zustellung des dinglichen Arrests (kurz vor Weihnachten) brachte sich Fastenmeier am 27. Dezember 2017 um.

Gegen den zunächst ohne Anhörung Fastenmeiers erlassenen Arrests legten seine Anwälte Widerspruch ein. Damit wäre über diese Maßnahme mündlich zu verhandeln gewesen. Doch Fastenmeier war da schon tot. Damit war das Verfahren aber nicht automatisch zu Ende. Er hatte ja Erben. Sollten die Antragsteller der Meinung gewesen sein, durch den Tod Fastenmeiers sei die Gefahr, dass dieser Vermögensgegenstände verräumen könnte, nicht mehr gegeben, dann hätte man das Verfahren für erledigt erklären können. Das Gericht hätte dann über die Kosten entscheiden müssen. Nach unseren Informationen wurde der Antrag aber zurückgenommen (Folge: Klinikum hat die Kosten zu tragen). Es wurde spekuliert, die Anwälte des Klinikums hätten so verhindert, eine juristische Niederlage zu erleiden. In einer Entscheidung nach mündlicher Verhandlung wäre nämlich die Rechtmäßigkeit des Arrests überprüft worden. Wenn sich dann beispielsweise herausgestellt hätte, dass die Behauptung, Fastenmeier sei in der JVA in der Lage gewesen, sein Vermögen “zu verräumen”, nicht gestimmt hatte, dann wäre der Arrest aufgehoben worden. Es ist ja auch nicht ganz einfach, in Untersuchungshaft, wo Kontakte zur Außenwelt streng vom Gericht und der Staatsanwaltschaft überwacht werden, das eigene Vermögen vor Gläubigern in Sicherheit zu bringen.

Auch gegen Alfred Lehmann wurde bereits im Dezember 2017 ermittelt. Auch er wurde beschuldigt, einen Schaden in Millionenhöhe verursacht zu haben. Bedenken, dass er sein Vermögen dem Zugriff seiner Gläubiger entziehen könnte, hatte die politische Spitze der Stadt bei (Parteifreund) Alfred Lehmann nicht. Gegen ihn wurden keine Sicherungsmaßnahmen beantragt. Dabei saß er zu keinem Zeitpunkt in Untersuchungshaft und konnte frei über sein Vermögen verfügen. Nicht einmal als Lehmann selbst per Anzeige im Donaukurier verlautbarte, dass er mit seiner Ehefrau einen Güterrechtsvertrag geschlossen habe, war man da beunruhigt. Solche Verträge führen in der Regel absolut nicht dazu, dass der Zugriff auf das Vermögen eines Schuldners erleichtert wird. Im Gegenteil ….

Als Grund für die Untätigkeit im Falle Lehmann, wird von der politischen Führung ins Feld geführt: Lehmann habe im Gegensatz zu Fastenmeier auf die Einrede der Verjährung verzichtet, so dass daher kein Grund zur Eile bestanden habe. Das ist – bei wohlwollender Betrachtungsweise – irreführend. Die Verjährung hat mit der Sicherung des Zugriffs auf die Vermögensmasse nicht das Geringste zu tun. Verzicht auf die Einrede der Verjährung bedeutet nur, dass der Gläubiger mehr Zeit hat (weil keine Verjährung eintritt) den (behaupteten) Anspruch gerichtlich einzuklagen. Gesichert wird sein vermeintlicher Anspruch dadurch überhaupt nicht. Mehr Zeit hat dann auch der Schuldner … um Vermögensgegenstände in Sicherheit zu bringen. Es ist also ein Scheinargument.

Es gibt Anhaltspunkte, dass Heribert Fastenmeier möglicherweise seinem Leben auch ohne die Zustellung des dinglichen Arrests ein Ende gesetzt hätte. Die erwähnte Karte lässt aber auch andere Schlüsse zu.

Damit soll die Berichterstattung über die Vorgänge im Klinikum, dessen medizinische Qualität nicht im geringsten in Zweifel zu ziehen ist, beendet sein.