Thema: Wenn Opelaner für Audianer beten

Das Netzwerk “Christen in der Automobilindustrie” macht sich für christliche Werte in einer gebeutelten Branche stark.

Dass Daimler Mitarbeiter für Opelaner oder für Audi-Mitarbeiter beten, das kommt gerade in Krisenzeiten durchaus vor: „Das treibt einem fast die Tränen in die Augen,“ meint Chris Orlamünder, Sprecher der Ingolstädter CAI Gruppe und Mitarbeiter der Audi Akademie, „und es zeigt, dass das Reich Gottes groß ist und genug für uns alle da ist.“

Bei Daimler in Stuttgart fing alles an. Dort gab es schon in den 1970er Jahren Gebets- und Gesprächskreise. 2013 wurde das Netzwerk „Christen in der Automobilindustrie“ CAI auf der IAA in Frankfurt gegründet. Nach Ingolstadt „importierte“ ein VW Manager, der zu Audi gewechselt war, diese Idee und organisierte einen Gebetskreis in der Mittagspause. „Wenn man seinen Glauben mit in die Firma nimmt, dann bedeutet das auch, dass man für die Firma betet, dafür dankt, dass man einen sicheren Job hat und auch aktuelle Anliegen einbringt,“ erklärt Chris Orlamünder. In den letzten Jahren seien natürlich der Wandel in der Automobilindustrie, die Entwicklung neuer Antriebskonzepte und der Klimawandel wichtige Themen. Am Arbeitsplatz ginge es darum, das Beste zu geben und einen sauberen Job abzuliefern: „Man kann für das Unternehmen, den Vorstand, für weise Entscheidungen, für die Arbeitnehmervertreter beten. Und das tun wir jeden eben auch.“

Verunsicherung trotz Jobgarantie

Auch die Angst um den Job oder die Angst vor einer Versetzung spielen eine Rolle, hier sei im Gespräch mit Kollegen in Ingolstadt trotz Jobgarantie eine stärkere Verunsicherung zu spüren. Chris Orlamünder geht es da wohl wie etlichen anderen Kollegen: „Man will zu Hause gar nicht so viel über den Job erzählen.“ Der Vorteil von einem Treffen unter Gleichgesinnten sei, dass man sich nur anzusehen brauche und sofort wisse, was in der Firma los ist. „Da soll der Glaube auch helfen, sich nicht nur am Täglichen fest zu machen, das sich im Wandel befindet. Was nicht im Wandel ist, ist Gott. Er verändert sich nicht, ist nicht launisch, sondern gibt die Zusage, mit dir durch diese schwierige Zeit zu gehen: Mach dich an mir fest, mach dich nicht an tagespolitischen Dingen fest.“ Gleichzeitig könne man aus einem Gebetskreis wieder Impulse mit nehmen, weil offen über das gesprochen werde, was gut und was weniger gut läuft. „Dann nehme ich meine Arbeit auch ernster,“ meint Chris Orlamünder. „Man ist selbstkritischer, was dazu führt, dass man sehr genau nimmt, wie ich die Arbeit mache und mit den Kollegen umgehe. Und da ist bei uns allen noch Luft nach oben.“

Mut zur Wahrheit haben

Die negativen Schlagzeilen zum Diesel-Skandal würden die Mitarbeiter durchaus beeinträchtigen und auch frustrieren, so Orlamünder. „Man selbst schaut, dass man nicht mal einen Kugelschreiber mit nach Hause nimmt und jetzt wird über meine Arbeitsplatzsicherung gesprochen, obwohl andere Mist gebaut haben.“ Er geht davon aus, dass das Thema einzelne Firmen noch viele Jahre begleiten wird. Dass daher gute Mitarbeiter die Branche wechseln, ist für ihn nur allzu verständlich: „Als Christen können wir dagegen wirken. Manches ist nun zerbrochen, aber wir haben die Hoffnung, dass es wieder besser wird. Wir wollen hartnäckig bleiben und schauen, dass sich das Blatt wieder wendet.“ Hätten christliche Werte in den entscheidenden Momenten des Betrugsskandals diesen vielleicht verhindert? Chris Orlamünder möchte das, was passiert ist, nicht entschuldigen, aber: „Wenn die Zielerreichung stärker unter Druck steht, dann passieren solche Dinge. Natürlich muss man sich fragen, ob man da christliche Werte nicht stärker mit ein bezieht.“ Das sei womöglich auch ein Grund, warum Christen momentan wieder stärker zu ihrem Glauben stünden – etwa um die Wahrheit zu sagen. Mutig und ehrlich sein. Das wolle man im Netzwerk vermitteln – und auch im Gottesdienst am 9. Januar in St. Pius (18 Uhr). Es ist der erste „CAI-Gottestdienst“ in Süddeutschland.

In Ingolstadt gibt es derzeit drei Gebetskreise des CAI, 150 Personen gehören in Ingolstadt dem Netzwerk an, ein vierter Gebetskreis wird im Januar bei Continental dazu kommen. Denn eines ist den Verantwortlichen ganz wichtig: Hier geht es nicht um einzelne Marken oder Firmen, sondern um die gesamte Branche. Deshalb werden zum ökumenischen Gottesdienst auch Vertreter von BMW, Daimler, Continental, MAN, Audi und Bosch erwartet. Zelebriert wird der Gottesdienst vom Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke, dem evangelischen Regionalbischof Klaus Stiegler und dem CAI-Gründer und Industriepastor Peer-Detlev Schladebusch. Beim anschließenden Get together im Pfarrsaal von St. Pius sind Mitarbeitende der Automobilindustrie und Christen verschiedener Kirchen zum Informations- und Erfahrungsaustausch eingeladen.

Mehr zum Netzwerk CAI unter www.c-a-i.info