70 Neuinfektionen – Transparenz mangelhaft!

(hk) Am 8. September gab die Stadt Ingolstadt bekannt, dass sich von einem Tag auf den anderen 70 Personen mit dem Corona-Virus infiziert haben. Die Bürger haben ein Recht auf weitergehende Informationen. Kommentar von Hermann Käbisch

Mehr Transparenz! Das forderten vor allem Sozialdemokraten und Grüne im letzten Ingolstädter Kommunalwahlkampf. Jetzt, da sie erheblich mehr Einfluss haben als vor der Wahl und die SPD gar den Oberbürgermeister stellt, muss zu wenig Transparenz ausgerechnet in Sachen Corona beklagt werden.

Die Corona-Pandemie prägt derzeit unser Leben. Staat und Kommunen verordnen Einschränkungen der persönlichen Freiheit. Da muss der Bürger im Gegenzug möglichst genau informiert werden, was Stand der Dinge ist, um sich ein Bild von der Lage machen zu können. Nur wenn die Bürger wissen, wie groß die Gefahren sind und wo sie genau lauern, sind sie auch bereit, Einschränkungen hinzunehmen.

Und wenn von einem Tag auf den anderen in Ingolstadt 70 Neuinfektionen mit dem Corona-Virus gemeldet werden, machen sich viele Bürger Sorgen und wollen wissen, wo sich das Virus im Stadtgebiet besonders verbreitet hat. Informationen der Stadt Ingolstadt betreffend die Verbreitung des Corona-Virus im Stadtgebiet gibt es nicht .

Nun informiert zwar die städtische Pressestelle regelmäßig über die Anzahl der neu aufgetretenen Fälle, den aktuellen Inzidenzwert, die Zahl der aktuell Infizierten, der Genesenen und der Verstorbenen. Gelegentlich wird bei den Neuinfektionen auch auf den Anteil der Reiserückkehrer hingewiesen. Auch wie viele Leute im Klinikum behandelt werden, wie viele auf der Intensivstation liegen und beatmet werden müssen, wird kommuniziert. Doch das bringt den Bürgern wenig. Andere Kommunen oder auch Landkreise in Deutschland geben den Bürgern viel mehr Informationen an die Hand, die sehr hilfreich sind und eine bessere Einschätzung der Gesamtsituation ermöglichen.

Beispiele: Der Landkreis Dithmarschen, in Schleswig-Holstein gelegen, der in etwa genauso viele Einwohner hat wie die Stadt Ingolstadt und die Stadt Kiel (248.000 Einwohner) stellen ihren Einwohnern noch folgende wertvolle Informationen zur Verfügung:

Wie verteilen sich die Infektionen auf die einzelnen Orte/Ortsteile, wo sind also die Hotspots. So wissen die Bürger genau, ob es in ihrem persönlichen Umfeld besonders gefährlich und daher große Vorsicht angebracht ist.

Welche Altersgruppen sind von den Neuinfektionen besonders betroffen, aufgeschlüsselt nach Männern und Frauen. Hier kann der interessierte Bürger erfahren, dass es hauptsächlich zwei fast gleich große Altersgruppen sind, die eine Vielzahl von Infektionen zu beklagen haben: die 5 bis 14-Jährigen und die 15 bis 34-Jährigen. Das dürfte insbesondere die Eltern von schulpflichtigen Kindern interessieren und möglicherweise veranlassen, Vorsorgemaßnahmen zu treffen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass in Schleswig-Holstein die Schulferien bereits am 31. Juli geendet haben und seitdem die Zahlen stark gestiegen sind. Das kommt in Ingolstadt noch auf uns zu!

Interessant ist auch der Infektionsbezug, wo also die Ansteckung mutmaßlich erfolgte. Im Landkreis Dithmarschen (mit dem Tourismusschwerpunkt Büsum) steckten sich 34,7 % der Infizierten bei Haushaltsmitgliedern an, am Arbeitsplatz lediglich 3,3 % und in der Freizeit 11,6 %. In der Großstadt Kiel erfolgten 30 % der Infektionen im familiären Zusammenhang, 3 % am Arbeitsplatz, nur 3 % in der Freizeit, aber 7 % in Transportmitteln. Nur 1 Prozent der Infektionen erfolgte im Einzelhandel!

Wichtig ist auch das Verhältnis von aktiven Fällen und Quarantänepatienten. Je mehr Quarantänepatienten im Verhältnis zu aktiven Fällen vorliegen, umso besser dürfte die wichtige Nachverfolgung der Infektionen durch die Gesundheitsbehörden sein. Denn nur wenn Kontaktpersonen ermittelt werden können, gibt es Quarantänepatienten. Im Landkreis Dithmarschen wurden am 7. September 121 aktive Fälle und 206 Quarantänepatienten registriert. In Kiel treffen auf 355 aktuell Infizierte nur 467 Quarantänepatienten.

Schließlich wird auch die Anzahl der Durchbruchinfektionen bekanntgegeben. Als Durchbruchinfektion bezeichnet man eine Infektion eines doppelt geimpften Bürgers. Durchbruchinfektion bedeutet nicht, dass der Geimpfte, der sich infiziert hat, wirklich erkrankt. Er hat in aller Regel eben wegen der Impfung einen sehr guten Schutz gegen die Auswirkungen einer Infektion. Im Landkreis Dithmarschen infizierten sich 12,4 % der vollständig Geimpften.

Die Zurückhaltung der Stadt Ingolstadt bei der Weitergabe derartiger Informationen, die dem städtischen Gesundheitsamt vorliegen müssen, ist nicht nachzuvollziehen und durch nichts zu rechtfertigen. Im Wahlkampf lautstark mehr Transparenz zu fordern und jetzt die Bürger bei derartig wichtigen Informationen im Unklaren zu lassen, das wirft ein schlechtes Licht auf die Stadtspitze und die sie tragenden Fraktionen.

Wie man das Corona-Geschehen transparent darstellen kann, sehen Sie hier:

Landkreis Dithmarschen: Hier klicken

Stadt Kiel: Hier klicken

Ein Beispiel für die grafische Aufbereitung aus dem Landkreis Dithmarschen