“Bürgermeisterwahl verpflichtet danach zu nichts”

In der kommenden Woche wählt der Ingolstädter Stadtrat den zweiten und dritten Bürgermeister – vermutlich Bürgermeisterinnen. Hier gibt es Absprachen zwischen der CSU, SPD und den Grünen. Aber was ist nach der Wahl?

In der Ingolstädter Kommunalpolitik muss man zur Zeit besonders genau hinhören und auf die Wortwahl der Protagonisten achten. Es begann damit, dass der nunmehr amtierende Oberbürgermeister Christian Scharpf im Wahlkampf erklärt hat, er und seine SPD seien für die Stichwahl ein Wahlkampfbündnis mit den Grünen, der ÖDP, der Linken, der UDI und der BGI eingegangen. Obgleich Scharpf immer betonte, das sei ein Wahlkampfbündnis und keine Koalition oder Kooperation für die Zeit nach der Wahl, sind einige seiner Bündnispartner offensichtlich frustriert, dass Scharpf und die SPD die CSU-Kandidatin Dorothea Deneke-Stoll als Kandidatin der stärksten Fraktion im Stadtrat (CSU) bei der Wahl zur zweiten Bürgermeisterin unterstützen wollen. Es ist nicht mal sicher, dass die alten “Grabenkämpfer” in der SPD diese Entscheidung mittragen. Verärgerung – wegen Scharpfs klarer Aussage im Wahlkampf unberechtigt – herrscht auch bei den kleinen Parteien, die Scharpf in der Stichwahl unterstützt haben. Die haben das alte Lagerdenken (CSU/FW gegen die “vereinte Opposition”) noch im Kopf und überhören schlicht die Appelle des neuen Oberbürgermeisters, der mehrfach im Wahlkampf erklärt hat, die Hand auch nach CSU und FW ausstrecken zu wollen. Und natürlich gibt es Kritiker im Internet bei Facebook, die ohnehin nur auf das hören, was sie selbst sagen. Die finden es empörend und als Verrat am angekündigten Wechsel, dass die CSU einen Bürgermeister stellen soll. Dass es in Ingolstadt jetzt einen sozialdemokratischen Oberbürgermeister und keine Mehrheit von CSU und FW mehr gibt, das ist einigen – von Rachegelüsten geplagten – ehemaligen Oppositionellen nicht genug. Wechsel an der Stadtspitze und Verlust der Mehrheit der ehemaligen “Regierungsparteien” – ist das nicht Wechsel genug? Wer mehr verlangt und über wenigstens geringe Kenntnisse in den Grundrechenarten verfügt, der fange mal an zu addieren, wie eine (andere) Mehrheit gegen die CSU aussehen soll. FW, Junge Liste und FDP (von denen man hört, dass sie enger zusammenarbeiten wollen) würden ein festes Bündnis gegen die CSU offensichtlich nicht unterstützen. Bleiben SPD, Grüne, Linke, BGI, ÖDP und UDI. Die haben zusamen mit dem OB gerade mal 26 Mandate: Eine rechnerische Mehrheit (der Stadtrat hat inklusive Oberbürgermeister 51 stimmberechtige Mitglieder), wenn keiner krank oder verhindert ist. Politisch wäre jede Abstimmung ein Zitterspiel. Und programmatisch trennen die eher bürgerlichen Stadträte wie Sepp Mißlbeck, Jürgen Köhler (die zwar die CSU nicht (mehr) mögen) und Christian Pauling und Eva Bulling-Schröter von der Linken schon Welten.  Der Hass auf die CSU ist kein Wahlprogramm und keine Mehrheitsgarantie für die Lösung der dringenden Probleme.

Hat Scharpf auf Seiten seines ehemaligen Wahlkampfbündnisses und seiner Unterstützer in den Sozialen Medien seine liebe Not, so ist in der CSU Alfred Grob wahrlich nicht zu beneiden. Er will die notwendige sachliche Zusammenarbeit im Stadtrat über Parteigrenzen hinweg (angesichts fehlender eindeutiger Mehrheiten und elf Gruppierungen der einzig sinnvolle Ansatz). Aber da scharren einige, die mal was werden wollten in der CSU, aber gescheitert sind, jetzt mit den Hufen und wollen zum Zwecke der eigenen Profilierung eine Fundamentalopposition im Rathaus betreiben – ohne Rücksicht auf die dringenden Probleme der Stadt. Und die Junge Liste lässt die Muskeln spielen. Man wird sehen, ob Markus Meyer, ein zweifellos begabter junger Mann, nun ohne Bevormundung durch das bisherige Fraktionsestablishment im kommenden Stadtrat mehr Aktivitäten entfaltet als in den letzten sechs Jahren. Das Rüstzeug dazu hätte er, aber auch die Ausdauer und die Zeit (er ist beruflich stark beansprucht)? Auch viele ganz einfache CSU-Mitglieder ohne Amt und Würden sind verunsichert. Verhilft jetzt die CSU den Grünen zu einer Bürgermeisterin Petra Kleine? Manche können es nicht fassen. Dass Schwarze und Grüne in den Landesregierungen von Baden-Württemberg, Hessen und Schleswig-Holstein (erfolgreich) zusammenarbeiten, das hat noch nicht alle schwarzen Hirne in Ingolstadt erreicht. Und: Auch die Absprachen bei der Bürgermeisterwahl dürften sich auf diese Wahl beschränken und die Beteiligten nicht zu mehr (danach) verpflichten. Programmatische Absprachen sind offensichtlich damit nicht verbunden.

Bei der Wahl der Bürgermeisterinnen (Deneke-Stoll und Kleine) wird sich zeigen, ob das von Scharpf angestrebte Zuschütten von Gräben eine Chance hat oder eine Illusion ist. Scheitern die beiden Kandidatinnen trotz Absprachen von CSU, SPD und Grünen, so steht der Stadtrat vor einem Scherbenhaufen und Scharpf und Grob sind beschädigt. Dann freuen sich nur ein paar politisch Blinde, denen es um Rachegelüste und offene Rechnungen (gegenüber der CSU aber auch gegenüber den Grünen) geht. Wer verhindern will, dass die CSU als stärkste Fraktion einen Bürgermeister(in) stellt, der sollte wenigsten so ehrlich wie Christian Lange sein (der offen als Gegenkandidat antritt) und nicht feige und heimlich mittels Wahlurne sein Mütchen kühlen.

Der nicht zu beneidende Fraktions- und Kreisvorsitzende der Ingolstädter CSU, der auch Landtagsabgeordneter ist,  stellt im Interview klar, was die Unterstützung der grünen Bürgermeisterkandidatin bedeutet und was nicht. Eingangs erläutert er, was für Ingolstadt nicht weniger wichtig ist: Wie er regionale Interessen (er ist der einzige Landtagsabgeordnete aus Ingolstadt) in München vertritt.

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