Ist Christian Scharpf wirklich noch in der SPD, gibt Christian Lösel einen Leitfaden für gutes Benehmen heraus und wird Christian Lange OB-Kandidat der AfD? – Glosse von Hermann Käbisch
Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken entpuppt sich nicht als Sympthieträger(in) für die Partei und die Reste dieser ehemals stolzen Volkspartei liegen nach neuesten Umfragen in Bayern bei sieben Prozent – Ziel: die Fünf-Prozent-Hürde. Nun sieht es für die Ingolstädter SPD laut Forsa-Umfrage des DONAUKURIER zwar etwas besser aus (13 Prozent). Dennoch wird in politischen Kreisen gemunkelt, der sozialdemokratische Kandidat Christian Scharpf könne die Wahl zum Oberbürgermeister in Ingolstadt nur gewinnen, wenn er nicht der SPD angehöre. Führende Genossen sollen ihn daher bedrängt haben, die SPD zu verlassen, um zu gewinnen. Die Wiederaufnahme in die Partei wurde für den Fall eines Wahlsieges großzügig zugesagt. Vielleicht aus diesem Grunde – und weil die Stadtratsfraktion der Genossen sich in den letzten Jahren nicht nur mit Ruhm bekleckert hat – sieht man im Wahlkampf selten einen Stadtrat an Scharpfs Seite. Nur der Kreisvorsitzende Christian Delapuente lässt sich nicht abschütteln und verbindet wohl sein (politisches) Schicksal mit dem des OB-Kandidaten. Aber vielleicht denkt er auch an einen Austritt…um Stadtrat zu werden? Rudi Wagner wiederum machte sich mal für ein paar Tage aus dem Staub und flog zum Trainingslager des FC 04 Ingolstadt nach Olivia in Spanien. Dass er sich das in der heißen Phase des Wahlkampfes als Wahlkampfmanager der SPD leisten kann, das überrascht manchen Beobachter der Szene. Aber Rudi Wagner ist ein Schlitzohr. Hat er vielleicht den FC 04 auf die Seite der Sozialdemokraten gezogen? Jedenfalls sah man ihn, den Spitzenkandidaten Christian Scharpf und Achim Werner (Fraktionsvorsitzender der SPD im Stadtrat) beim Neujahrsempfang des FC 04 Ingolstadt im Audi Sportpark. Seitens der Stadt wurde sonst nur Bürgermeister Sepp Mißlbeck (UDI) gesichtet. Von der CSU war wohl nur Alfred Lehmann vor Ort. Aber der führt keinen Wahlkampf – jedenfalls nicht für die CSU.
Von politischen Selbstzweifeln ist die CSU nicht geplagt. Schon gar nicht deren Oberbürgermeister und OB-Kandidat Christian Lösel. Der, so wird in den Rathausfluren gemunkelt, schreibe gerade einen neuen Leitfaden für gutes Benehmen – also einen Ingolstädter Polit-Knigge. Der Entwurf dafür soll aus der Feder des medialen Chefdiplomaten und Pressesprechers der Stadt, also von Michael Klarner, stammen, der nicht nur so manche Rede für das Stadtoberhaupt schreibt, sondern auch für seine exzellenten Umgangsformen bekannt ist. Von Klarner sollen auch folgende Passagen aus der Neujahrsansprache Lösels stammen: “Dem neuen Stadtrat obliegt es, gemeinsam und zielgerichtet unsere Heimatstadt weiter zu entwickeln…” und “Es gibt nach wie vor viel zu tun! Packen wir es gemeinsam an!” Lösel soll sich beim Verlesen der Rede angesichts so viel “Gemeinsamkeit” unwohl gefühlt haben. Quasi als Befreiungsschlag ist daher sein anschließendes Verhalten zu werten: SPD-Stadtrat Robert Bechstädt hatte sich mit seiner Gattin und Sabine Leiß (SPD) sowie Franz Hofmaier (ÖDP) im Foyer des Theaters beim Neujahrsempfang aufgehalten. Der Oberbürgermeister schüttelte allen die Hand – nur Bechstädt nicht! Dieser darf sich damit in Sachen “Nicht-begrüßt-werden” mit Christian Lange vergleichen. Das Kapitel in Klarners Knigge-Entwurf, das sich mit dem Grüßen anderer befasst, will Christian Lösel umschreiben. Aus Foshan, so wird behauptet, wolle er das soziale Punktesystem der Chinesen übernehmen. Bekanntlich werden Bürger in China abgestraft, wenn sie sich unbotmäßig benehmen, beispielsweise nicht die Meinung der politischen Führung teilen. Die Pressestelle solle, so Lösel, ihrem Ruf als innerstädtischer Nachrichtendienst gerecht werden, und Listen mit Bürgern erstellen, die als Abweichler gelten. Diese will Lösel in seinem Polit-Knigge als abschreckende Beispiele aufnehmen. Sie seien selbstverständlich nicht zu grüßen. Klarner, so der Rathausflurfunk, habe für den Fall der Realisierung dieses Plans erklärt, er werde dann die Voraussetzungen für eine Elternzeit schaffen.
Ganz andere Sorgen plagen Christian Lange, der kürzlich seinen 55. Geburtstag feierte. Offiziell ist er der OB-Kandidat der Bürgergemeinschaft (BGI). Nun soll aber ausgerechnet Ulrich Bannert, dessen AfD bisher auf einen eigenen Kandidaten verzichtete, auf Lange zugegangen sein. Es wird behauptet, er habe diesen gefragt, ob man nicht über die OB-Kandidatur mal reden könne. Langes ansonsten wohlgebräuntes Gesicht, so schildern es Augenzeugen, soll die Farbe eines blendend weißen Leinentuches angenommen haben. Seit dem Gespräch, so Berichte aus Gerolfing, leide Lange an Schlaflosigkeit. Er denke nächtens tatsächlich darüber nach, auch für die AfD zu kandidieren. Der Grund: Nach dem Übertritt von Jürgen Siebicke und Ulrike Hodek von der Linken zur BGI wird ihm und seiner Gruppierung gelegentlich vorgeworfen, die BGI sei nicht mehr bürgerlich, sondern von Linken unterwandert. Als Kandidat der rechtspopulistischen AfD könnte er diesen Vorwurf spielend ausräumen. Bei der CSU, die von dem Vorgang gerüchteweise gehört hat, soll Panik ausgebrochen sein. Da habe man Bannert geistige Schützenhilfe bei seinem Antrag zum “Brunnenreuther Modell” (der Begriff soll in einer Referentenrunde geprägt worden sein) geleistet und jetzt das. Es sei ein Dolchstoß Bannerts in den rechtsnationalen (Lungen-)Flügel der Ingolstädter CSU.
Petra Kleine, angeblich OB-Kandidatin der Grünen, hat, so scheint es, eine neue politische Heimat oder ein politisches Ziel gefunden. Nachdem sie bei ihrer Nominierung als OB-Kandidatin der Grünen mit nicht ganz wenigen Gegenstimmen zu kämpfen hatte, soll sie lange Spaziergänge an der Donau gemacht haben. Besorgte Parteifreunde befürchteten, dass sie dabei nicht an den neuen Donaupark gedacht habe. Nun aber strahlt sie wieder. “Es war eine grüne Rede , die die Zeichen der Zeit erkannt hat”, jubelt sie laut Donaukurier. Auf Nachfrage stellte sich heraus, dass Kleine nicht die rhetorischen Höchstleistungen der Grünen Parteispitze gemeint hat. Nein, das üppige Grün hat sie in der Neujahrsansprache des Oberbürgemeisters (CSU!) entdeckt. Und Kleine weiter: “Was Söder (Anm.: der sich in letzter Zeit recht grün gebärdet) kann, kann Lösel – er schließt sich der grünen Bewegung an.” Hier stellt sich die Frage: Sind Lösel und Söder jetzt bei den Grünen oder ist Kleine bei der CSU. Für eine Oppositionspolitikerin ist ihre Begeisterung für Lösels Rede eher überraschend, zumal das von Kleine gesichtete, satt wuchernde Grün in dessen Ausführungen so von anderen nicht registriert wurde. Aber vielleicht ist Petra Kleine immer noch eine Grüne und will nur ihre Bereitschaft, nach der Kommunalwahl in der “Bürgermeisterei” eine Rolle zu übernehmen, bekunden.