Buchtipp: Bayerische Räuber, Helden und Rebellen

Ein Kulturreiseverführer zu Geierwally, Jennerwein, Kneißl und anderen heldenhaften Gestalten

Ja. Die Burschen, die Jungs, die Räuber, die Helden, die Rebellen. Um sie ranken sich die Mythen und Legenden, sie wurden und werden in Liedern besungen und auf Bühnen und sogar in Kino wieder belebt. Aber haben Sie schon einmal etwas von Anna Stainer-Kittel gehört? Sie ist das Vorbild für die legendäre „Geierwally“. Und auch sie gehört dazu, zu diesen bayerischen Mythen. Wobei man/frau hier gleich mit einem Mythos aufräumen muss: Die kämpferische Frauengestalt ist eigentlich eine Tirolerin. So. So. Es gibt einige dieser „Aha-Momente“ im Buch „Bayerns Mythen“ von Sonja Still, die sechs prominenten, ja unsterblichen Figuren und ihrer Mystifizierung nachgespürt hat.

Mit dem Bayerischen Hiasl (bürgerlich Mattheus Klostermair), der 1771 in Dillingen hingerichtet wurde, beginnt die Autorin die „Kulturreise“ durch den Freistaat. Sie beschreibt sein Leben, seine Radikalisierung und die frühe Heldenverehrung, die ihm in Bayern einen besonderen Status einräumte, bis er schließlich von zwei anderen Rebellen, nämlich dem Räuber Kneißl und dem Jennerwein Girgl, die auch im Buch vertreten sind, abgelöst wird. Auf unterhaltsame Weise beschreibt Sonja Still die Lebensumstände jener Rebellen, setzt sie in den historischen Kontext und verweist auf ihr Nachleben in Literatur, Theater, Film und Fernsehen. Sie tut das auch mit der Geierwally, deren Schöpferin Wilhelmine von Hillern und eben jener Anna Stainer-Kittel, die ein für ihre Zeit unverschämt emanzipiertes Leben führte.

Der Schmied von Kochel. Auch so ein Mythos. Und ein Problemfall, denn seine Identität wird wohl nie geklärt werden können. Wo hört die Historie auf und wo fängt die Fiktion an? Bei den beschriebenen wahren und erdichteten Helden ist das jedes mal eine spannende Frage. Und schließlich ist da noch die Literaturfigur des Brandner Kaspar. Dieser grantige Eigenbrötler, der den Tod mit Hilfe von Kerschgeist überlistet, zählt ebenfalls zu den mythischen Gestalten Bayerns. Erstaunlich, was sich aus einer kurzen Geschichte, die 1871 erschienen ist, entwickelt hat. Dass der Brandner freilich im Tegernseer Tal „zu Hause“ ist, dürfte trotzdem nicht jedem bekannt sein. Auch ihm und seinem literarischen Schöpfer Franz von Kobell widmet Sonja Still ein Kapitel, das wie alle anderen auch mit Ausflugstipps inkl. Wanderungen, Einkehrschwüngen und Kulturangeboten zum jeweiligen Thema ergänzt wird. So lassen sich die Biografien der historischen und fiktiven Gestalten auch erwandern und nebenbei einige unbekannte Ecken des an Mythen reichen Bayern entdecken.

Sonja Still
Bayerns Mythen
Ein Kulturreiseverführer zu Geierwally, Jennerwein, Kneißl & anderen Rebellen
Allitera Verlag
ISBN 978-3-96233-020-0